Robbie Williams – Swing When You’re Winning
Robbie in der Sinatra-Nachfolge mit großem Orchester-Aufwand
Der Anfang ist irritierend. Erst erkennt man seine Stimme gar nicht. „I wouldn’t be so alone“, seufzt Robbie Williams, „if they knew my name in every home.“ Er klingt wie E.T., der sich in einem Wald voller Geigen verlaufen hat. Klagelied, Stoßgebet, großes Melodram. Bitte, Mr. Spielberg, erhören Sie mich! Bringen Sie mich weg von hier! Lassen Sie mich wenigstens… nach Hause telefonieren.
„Swing WhenYou’re Winning heißt das Album, somit unterscheidet es sich vom Vorgänger „Sing When You’re Winning“ nur um einen Buchstaben, einen Laut. Man merkt gleich: Hier geht es um feinste Unterschiede, um Schattierungen, Nuancen.
Zwischen den beiden Platten liegt aber eine ganze Welt. „Sing…“ war die große, bunte Samstagabend-Show, ein Format, das es eigentlich gar nicht mehr gibt, vollgepackt mit Songs, wie sie heute niemand mehr schreibt oder singt. Pop hoch Pop. „Swing…“ ist dagegen ein intimes, kleines Tributalbum, Robbies nachträgliche Liebeserklärung an die Helden seiner Kindheit. Werktreue ist daher oberstes Prinzip; es geht nicht darum, sich auf Kosten der Vorbilder zu amüsieren oder zu profilieren oder die Vorlage gleich zu zertrümmern, so wie Sid Viscious das gemacht hat mit Sinatras „My Way“. Es geht um Respekt.
Nach einem etwas wirren „Mack The Knife“, in dessen Verlauf man Hildegard Knef richtig zu achten beginnt, landet man mitten im Liebreiz von „Something Stupid“. Nicole Kidman ist die Braut in weiß, das Lied erstrahlt in einem hellen Glanz, es wirkt wie mehrmals gefiltert, wie gereinigt von der untergründig brodelnden Sex-Brunst des Originals. Dann geht es richtig los: „It Was A Very Good Year“, das längst fällige Duett von Frank Sinatra und Robbie Sinatra, eine Männerweisheits-Heulboje von erlesener Dekadenz. Natürlich gewinnt der Veteran nach Punkten: „But now the days are short, I’m in the autumn of the year.“ Totensonntag, Allerheiligen, Reden mit Geistern. Schließlich ist das hier eine Gedenk-Platte.
Der Höhepunkt ist das einst von Nancy Sinatra und Dean Martin gesungene „Things“ als wahnwitzige Throw-your-legs-in-the-air-Abgehnummer, die Baz Luhrmann beim Zusammenstellen des Soundtracks von „Moulin Rouge“ glatt übersehen haben muss. Am Ende hat es Robbie Williams doch wieder geschafft. Er hat den Swing und den Jazz, den Totensonntag und die Stimmen der Geister in puren Pop verwandelt. Want to see everybody’s hands in the air!