Robert Johnson – King Of The Delta Blues Singers Vol. II
Als Columbia 1990 „The Complete Recordings“ von Robert Johnson als Box-Set vorlegte, war das zumindest insofern eine verlegerische Großtat, als hier sämtliche 41 erhaltenen Aufnahmen 5,0 Robert Johnson einschließlich der Session-Doubletten (neudeutsch: Outtakes) veröffentlicht wurden. Eine noch weit größere Sensation war in den frühen 60er Jahren die Veröffentlichung der beiden „King Of The Delta Blues“-LPs gewesen. Die inspirierten auf Anhieb mehr Bands als die kompletten Sun-Aufnahmen von Elvis. Folge 1 war mehr das Teil für die Puristen, die sich – von Clapton und Fleetwood Mac bis Stephen Stills und Taj Mahal – in jungen Jahren solcher Vorlagen wie „Ramblin‘ On My Mind“ und „Come On In My Kitchen“ begeistert annahmen.
Noch berühmter wurden Cover-Versionen von Songs auf Folge 2 der LPs mit den wunderbaren Tom-Wilson-Zeichnungen. Mit der lag erstmals das Original von „(I Believe I’ll) Dust My Broom“ vor. Weniger bemerkenswert war die Deutung von Cream im Fall von „From Four Until Late“, weitaus besser, was etliche andere Bands aus „I’m A Steady Rollin‘ Man“ machten. Groß die Stones-Fassung von JLove In Vain“. Noch besser die live von Rod Stewart mit den Faces gesungene. (Der das bei der Gelegenheit ab 1971 gerne als „an old Stones number“ ankündigte, was völliger Humbug war.) Für meine Begriffe aber die größte von allen die Interpretation des „Stop Breakin‘ Down Blues“ auf „Exile On Main Street“, Jagger wie entfesselt auch an der Harmonika, Ian Stewart der gute Geist am Piano und die ganze Band sich förmlich in einen Rausch spielend.
In diesem Fall zumindest klingt die Zweieinhalb-Minuten-Vorlage vergleichsweise allenfalls ganz nett, während wiederum die Blues-Cover auf frühen Stones-Platten gegen diese genial realisierte Aufnahme ziemlich abfallen.
Bei der Legacy-Abteilung von Sony Music in New York genierte man sich schon wenige Jahre nach Veröffentlichung der „Complete Recordings“ ob der dort gebotenen Überspielqualität. So erstklassig das Box-Set dokumentiert war, so unsäglich blechern und scheppernd klangen die Aufnahmen. 1994 brachte man im Rahmen der Mastersound-Serie die erste LP ab ein sündteures goldbedampftes Plättchen prima remastered (später dann auch zum „Nice Price“), zehn Jahre nachher jetzt auch die zweite LP in der noch einen Tick besseren Neuüberspielung von Joe Palmaccio. Weitaus besser ausbalanciert, haben die Schellack-Transkriptionen jetzt mehr als nur einen Anflug von schöner Grundtonwärme, und auch der berüchtigte Trichter-Effekt wurde dezent korrigiert. Gute (was sonst?) Liner Notes von Pete Welding und Alternativ-Take 2 von „Ramblin‘ On My Mind“ als Zugabe.