Robert Wyatt, Ros Stephen, Gilad Atzmon :: The Ghosts Within
Mit Mission: ein ergreifendes Werk des Wundersängers
Auf „Comic Opera“ hat Robert Wyatt 2007 seine kleine seltsame Welt, in der sich die große seltsame Welt spiegelte, noch einmal auf einem Album gebannt. Es gehört zu seinen besten. Nur drei Jahre nach dieser großen Kraftanstrengung erscheint nun schon die nächste Platte. Kein reines Wyatt-Album, sondern eine Zusammenarbeit mit der Komponistin Ros Stephen und dem israelischen Saxofonisten Gilad Atzmon, der bereits seit Ende der Neunziger regelmäßig auf Wyatt-Alben mitspielt.
Ros liefert mit ihren Streicherparts die Grundierung, Atzmon fügt Elektronik, Altsaxofon, Klarinette und Akkordeon hinzu. Der wahre Solist ist hier aber natürlich Wyatt. Im letzten Akt von „Comic Opera“ hatte er aus Protest gegen die Politik der Bush-Regierung die englische Sprache gemieden, nun (laut-)singt (und pfeift!) er sich durch das American Songbook: Johnny Mercers „Laura“ macht den Anfang, später folgen Strayhorns „Lush Life“, Monks „Round Midnight“, Ellingtons „In A Sentimental Mood“. Doch das ist nur eine Seite von „The Ghost Within“. Dem gegenüber stehen arabische Klänge. Etwa im neuen Song „Lullaby For Irena“ und den Bearbeitungen alter Wyatt-Stücke: Der Titelsong, gesungen von Atzmons Frau Tali, ist aus dem „Comic Opera“-Track „Anachronist“ entstanden, das von der „first lady of arabic hiphop“ Shadia Mansour und Ramallah Undergrounds Stormtrap gerappte „Where Are They Now“ kreist um den Refrain von „Dondestan“ („Palestine’s a country or at least used to be“), Wyatts „Maryan“ erfährt eine sphärische Neubearbeitung.
„The Ghosts Within“ ist also – wie bei den Beteiligten nicht anders zu erwarten – ein Werk mit kulturpolitischer Mission. Dass aus diesen musikalischen Überblendungen und Verknüpfungen von Morgen- und Abendland kein Eine-Welt-Kitsch wird, sondern ein ergreifendes Album, ist natürlich dieser göttlichen Stimme zu verdanken, die über allem schwebt. Gegen Ende gibt Wyatt noch einmal Chics „At Last I Am Free“, das er bereits 1980 zu herzerweichend coverte. Und wenn man ihn zum Abschluss die alte Schnulze „What A Wonderful World“ singen hört, glaubt man es ihm für ein paar Minuten sogar. (Domino) Maik Brüggemeyer