Rodney Crowell The Outsider

Seitdem er 2001 mit dem autobiographischen Opus Magnum „The Houston Kid“ ein fulminantes Comeback jenseits aller Nashville-Kompromisse hingelegt hat, rauscht Rodney Crowell durch seinen dritten Frühling, als gäbe es kein Morgen, kein Wasser zum Treten und kein Übel dieser Zeit, das nicht auf seine Zielscheibe gehört. Niemand, der einst für einsame Country-Rekorde (fünf Nummer-eins-Hits auf einem Album) gut war, ätzt heute so schön gegen den gleichgültigen Prestige-Materialismus seiner Landsleute wie der Texaner aus Houston. „The Dixie Chicks can kiss my ass, but I still need that backstage pass“, reimt Crowell im Namen der Wohlstandsjünger für das atemlose Rockstück „The Obscenity Prayer“. Kaum einer weiß auch besser um diese „Beautiful Despair“, die etwa darin liegt, morgens um drei besoffen Dylan zu hören und wieder mal zu realisieren, daß man nie solche Songs schreiben können wird. Zum Dank gibt’s später prompt ein edel-zurückgenommenes Cover von „Shelter From The Storm“, im zarten Duett mit Emmylou Harris.

Es bleibt das einzige auf „The Outsider“. Ist der Kater ausgestanden, schreibt Rodney Crowell doch lieber selbst, und das in einer Klasse, die Country – wie hier – nur noch als eine Farbe unter vielen kennt und alle Stilmittel nach eigenem Gusto formt, integriert, weiterspinnt. Der stolze Titelsong rollt auf R&B-Gleisen mit überraschender Weichenstellung, der gelassene Rundumschlag „You Can’t Turn Back Now“ zapft kräftig an irischen Folk-Quellen vor verdrehter Pop-Bridge, „Dancin‘ Circles Round The Sun“ shuffelt wie Bolle im Geiste Buddy Hollys und glänzt mit verschmitzter Lebenshilfe. „In between the mask you wear, wash your face and comb your hair“, empfiehlt Crowell, der Humorist. Als reuiger Prediger tritt er hingegen im beschwörenden „Ignorance Is The Enemy“ vor die Gemeinde, und weil die Botschaft allein doch schwer zu tragen ist, dürfen auch noch Harris und John Prine als sprechende Meßdiener ran.

Leider träumt Rodney Crowell nicht nur von diesem „Glasgow Girl“, dem er als gestandener Pop-Romantiker huldigt, sondern auch davon, US-Verteidigungsminister zu sein. Dann kann er nicht anders und stürmt glatt die Bar seines Vertrauens, um dort musikalische Flugblätter zu verteilen, die niemand so recht lesen möchte. „Don’t Get Me Started“? Eben.

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