Roger McGuinn’s Thunderbyrd
In der ersten von so vielen „Rockpalast“-Nächten triumphierte im Juli 1977 der Byrds-Mann Roger McGuinn mit seiner Band um Rick Vito.
Rockpalast: West Coast Legends Vol. 4
Es war die Nacht vom 23. auf den 24. Juni 1977 – einer der Momente, den später so viele miterlebt haben wollen. In immerhin sieben europäischen Ländern wurde die erste „Rockpalast“-Nacht gezeigt. Rory Gallagher und Little Feat spielten schon einige Stündlein in der Essener Grugahalle, als Roger McGuinn mit Rick Vito, Greg Thomas und Charlie Harrison auf die Bühne kam. Der Mann mit der Rickenbacker gilt heute als der Stinkstiefel der Byrds, der die Genies Gram Parsons und Gene Clark ebenso vergraulte wie den Singbären David Crosby – aber 1977 hatte McGuinn auch einiges, worauf er sich etwas einbilden konnte: Seine stets mild meckernde Stimme war intakt, er hatte einige Byrds-Stücke im Programm, und er sah fabelhaft aus. Ebenso betörend sah der sehr lockige und sehr junge Rick Vito aus, der unglaubliche Gitarrensoli in die Songs schoss.
Schon „Lover Of The Bayou“ brachte das Quartett mit Überdruck, um dann Tom Pettys „American Girl“ nicht ganz kongenial zu entbieten – Petty hatte das Stück als Hommage an die Glorie der Byrds verstanden. McGuinn brachte nun im schönsten Jingle-Jangle seiner Zwölfsaitigen „Juice Head“, „Chestnut Mare“, „Midnight Dew“ und – mit Sam Clayton von Little Feat – „Dixie Highway“, dann die grandiose Western-Fama „Shoot Him“ sowie „Feel A Whole Lot Better“. Schließlich triumphierte die Band mit der unschlagbaren Triole „Turn, Turn, Turn“, „Mr. Tambourine Man“ und dem letztgültigen Drogenflug „Eight Miles High“.
So hoch fühlte sich auch „Rockpalast“-Erfinder Peter Rüchel nach dem glänzenden Einstand. „Mit Tränen in den Augen“ wankten er und Regisseur Peter Wagner aus dem Übertragungswagen, und um die Magie nicht zerstören zu lassen (und um auszuschlafen!) erschien Rüchel dann nicht im Büro. Zwei Nächte im Jahr gab ihm der WDR in den nächsten Jahren. Und viele davon (und die kleineren Konzerte mit R.E.M., Joe Jackson, Graham Parker!) gehörten zu den schönsten unseres Lebens. (made in germany) Arne Willander
Der Poet
Wenn es Hans Hölzel nicht gegeben hätte, dann hätten die Österreicher ihn erfinden müssen. Auch zwölf Jahre nach dem Ende von Falcos irdischem Dasein schnippelt Rudi Dolezal immer neue Filmchen aus seinen alten Videos und Interviews zusammen – nun entdeckt er den Dichter Falco. Allerlei Professoren der Sprache bestätigen, dass es sich bei den eklektischen Collagen um Literatur handle; der oft qualvoll an den Worten arbeitende Autodidakt sei, jawohl, mindestens ein Literat gewesen, seine Drechselei nachgerade Poesie. Ein Schauspieler verliest „Männer des Westens“ zum Beweis, dass Falco an dem großen Oskar Werner orientiert war (dessen Manierismen er natürlich studiert hatte). Auch die verkrampften Sprachspiele von Ernst Jandl werden als Verweis herangezogen. Zu dem angestrengten Unfug kommen Live-Schnipsel und Bearbeitungen mediokrer Videoclips. A Schmarrn. (Sony) Arne Willander
„A Tale Of Men, Music & America“ verspricht der Untertitel großspurig, der 100-minütige Film schlägt dann deutlich leisere Töne an. Regisseur M.A. Littler begleitet den recht erfolglosen, aber sympathischen Blues-Sänger Jon Konrad alias Possessed By Paul James durch die Südstaaten. Bei Bierbuddeln und Soulfood schwadroniert er mit Kollegen wie Scott Biram und Cade Callahan über Glauben und Überlebensstrategien. Sie halten sich für große Philosophen und stellen fest: „Less is more!“
Dass man trotzdem gerührt ist, liegt an den herrlichen Bildern von abgewrackten Pinten, Truckstops und endlosen Straßen, aber auch an Konrad selbst: Er weint und greint, zweifelt und wütet – und zwischendurch singt er voller Inbrunst. Allerdings viel zu selten. Kaum hat ein Stück richtig begonnen, geht die Fahrt schon wieder weiter. Da wäre mehr tatsächlich mal mehr gewesen. (hazelwood) Birgit Fuss
Live in Hagen
Bloß keine Gelegenheit zum Feiern auslassen! Das 30-jähriges Jubiläum von Extrabreit sollte 2008 mit einem besonderen Konzert zelebriert werden. Und weil heutzutage jede Rockband denkt, dass ihr symphonische Verstärkung gut steht, luden sie das Philharmonische Orchester Hagen ein.
Leider passen die brachialen Stampfer der Breiten nun so gar nicht zum filigranen Ansatz der klassischen Musiker – die deshalb wie Statisten neben der Band stehen und wie Pausenfüller wirken. Es reicht eben nicht, einen Anzug zu tragen, man muss sich auch mental einlassen auf so eine Zusammenarbeit. Kai Havaii aber zieht die übliche Show ab, rotzt „Rote Rosen“ und „Hurra, hurra, die Schule brennt“ herunter, dazu zweimal „Flieger“ – und das sind natürlich noch die besten Stücke. Neuere Witze wie „Andreas Baaders Sonnenbrille“ übersehen wir lieber. (rodeostar) Birgit Fuss