Roots
Bob Delevante – Porchlight (Relay Records/Import)
Dass John Wayne eigentlich in Hoboken (weiter-)lebt, diese schöne Erkenntnis verdanken wir einem Song der Gebrüder Delevante. Die leben immer noch in Nashville und durften dort bereits nach nur einem schönen Album („Postcards Front Along The Way“) und einem weniger schönen Scharmützel in der Capitol-Chefetage die Trümmer ihrer kurzen Major-Karriere zusammenkehren. Bob wagt sich als Erster wieder in die Öffentlichkeit und entzündet gleich ein munter flackerndes „Porchlight“, das auch sein eigenes Kleinlabel Relay vom Statt weg proper ausleuchtet Organisch balanciert Delevante in klaren Arrangements Einflüsse aus Country, Folk, Pop, R&B und (im Titelsong) sogar „Instrumente“ wie light switch und alarm clock aus, integriert dabei neben Bruder Mike so illustre Gäste wie Emmylou, Buddy Miller, Jeff Black, Duane Jarvis und Southside Johnny (New Jersey!), der das Unwesen des notorischen „Knockerboy“ mit seiner Harmonica scharf ins Sound-Bild rückt. Überdies wird mit Songs wie „Broken Kite“ und „You Worry Too Much“ jeder gut bedient, dem am Ende des Tages der Sinn nach praktischer Lebenshilfe steht. Ein „Porchlight“ für alle, die keine Lust mehr haben, John Wayne zu spielen. EgaL wo. 3,5
The Court And Spark – Ventura Whites (Glitterhouse/TIS)
Sich nach einem frühen Joni Mitchell-Album zu benennen, ist entweder sehr mutig oder sehr töricht. Doch dieses Quartett aus San Francisco um den Multi-Instrumentalisten Scott Hirsch und den beiläufig, doch zwingend intonierenden Sänger M.C. Taylor wagt und gewinnt mit diesen acht behutsam kreiselnden Songs. Trotz eher somnambuler Grundstimmung entwickeln Titel wie „Ghost Of Sigma 14B“ auch einen ganz eigentümlichen Swing nicht zuletzt ein Verdienst des umsichtigen Drummers James Kim. Souverän hantieren The Court And Spark in zwei Instrumentals mit Sounds, Formen, Farben, auch die vielfältig platzierten Steel- und Slide-Gitarren bleiben nie bloß Ornament, sind stets tragende Song-Säulen. Nicht immer bleibt dabei der Twang so traditionell wie in „A Joyful Dispel“, und erhebend wird es gar, wenn Wendy Allen als Harmony-Sängerin neben Taylor rückt, wie im formidablen „Doctor, The Veranda“. Ob sie Joni auch ein Exemplar von „Ventura Whites“ schicken? Schämen müssten sich The Court And Spark jedenfalls nicht dafür. 4,0
Sons Of The Desert – Change (MCA/UMIS)
Neustart für die Womack-Brüder Drew und Tim, die erst generös einen Song („Goodbye Earl“) den Dixie Chicks überließen – und prompt „Goodbye“ zu Epic sagen mussten, als die Firma die deftige Macho-Abfuhr zur neuen Single der (Ex-)Labelkolleginnen kürte. Die Texaner durften das Gros der Studioarbeit für „Change“ mit eigener Band verrichten, was – nebst der markanten Pedal Steel von Session-Profi Paul Franklin – schon ein gewisses Sound-Profil garantiert. Viele Songs indes lassen zu erklärten Wegbereitern wie Kevin Welch und Foster & Lloyd doch eine Lücke klaffen und erreichen nur mittleres bis spätes Eagles-Format. Wie passend, dass die Ex-High School-Schönheit Julie in „Blue Money“ auch nicht recht weiß, wie dem kalifornischen „prison in paradise“ zu entkommen sei. 2,5
Bocephus King – The Blue Sickness (Blue Rose/Zomba)
Die Einschätzung, dass Kanadier fast immer einen Tick neben der Spur und damit interessanter fahren, bestätigt auch dieser Songwriter mit dem verpflichtenden Namen. Bocephus King agiert auf seinem dritten Album wie ein kerniger R&B-Shouter, der sich mit diesen zwölf Songs um Vergänglichkeit, Vergeblichkeit, Verrat in ein Kabarett auf der anderen Seite der Schienen verlaufen hat. Die Sujets sind gute alte Bekannte. Zynischer Charme und ironische Distanz, auch einige Larmoyanz hängen bei seiner Selbststilisierung zum Loser & Loner stets in der Luft. Zudem hat King mit seiner Band The Rigalattos und einigen Gästen versierte Mitstreiter im Rücken, die „Roots“ gern etwas anders definieren ab üblich. Sehr erfreulich also, was hier in Sachen „The Blue Sickness“ unternommen wird – und ohne zu viele Klischees. 3,5