ROOTS :: von Jörg Feyer
In einer Stadt, in der – so argwöhnen Ignoranten – ja ohnehin „alles gleich“ klinge, entscheiden Nuancen. Und die tragen PATTY LOVELESS auch mit „Long Stretch Of Lonesome“ (Epic/SMIS) souverän über die Zumutungen des sog. „Mainstream-Country“ hinweg. Mit strahlender Emphase und stoischem Understatement besingt sie in fein arrangierten Songs (hier gibt’s noch richtige Streicher!) von Kim Richey und Jim Lauderdale die Frostfelder ermattender Liebe und die Tücken seliger Erinnerungen. Duett-Partner George Jones setzt Loveless mit „You Don’t Seem To Miss Me“ die Krone auf. 4,0
Wer sein Nirwana in einem Honky-Tonk-Sound vergangener Dekaden sucht, der ist bei THE DERAILERS und „Reverb Deluxe“ (Sire/TIS)richtig. Produzent Dave Alvin setzt das Quartett aus Austin auf die richtige Ton-Spur, zwei begabte Songwriter/Sänger garantieren Kurzweil, als „hidden track“ lockt gar eine Hillbilly-Version von Princes „Raspberry Beret“. 3,5
Dafür daß GRINGO scheinbar nur auf einen Zug aufspringen, der schon längst aus dem Bahnhof ist, macht das ehemalige (Punk-)Rock-Trio seine Sache auf „Combine“ (Pravda/Import) ziemlich gut. Ein neuer Banjo-Picker sowie die selbstbewußten Mountain-Vocals von Songwriter Jim und Bassistin Leila Vartanian legen einen satten Neo-Bluegrass-Teppich,d er Temperament und Tearjerker, ausgewählte Covers (Carter Stanley, Shel Silverstein u. a.) und robustes Eigenmaterial schön in der Waage hält. 3,5
Wer den alten Fab T-Birds hinterhertrauert, findet bei THE RADIO KINGS aus Boston Trost Nicht nur, weil Brian Templeton glatt ab Vocal-Zwilling von Kim Wilson durchgeht: Mit der „Money Road“ (Zensor/Indigo) stößt das Ex-Begleitquartett von Harmonika-Blitz Jerry Portnoy stilsicher zur Essenz des R&B vor, erlaubt sich aber Schlenker und Querverweise, die den Weg aus der puristischen Einöde weisen. 3,5
Nach zwei Starmusiker-gespickten Major-Alben konzentriert sich A. J. CROCE, Sproß von Semi-Legende Jim Croce („Bad Bad Leroy Brown“), bei seinem Indie-Debüt „Fit To Serve „(Ruf Records) zu Recht auf sein vitales Pianospiel und eine kehlig-heisere Stimme, die selbst schwächeres Material trägt. Die New Orleans-style-Cover „Cry To Me“ (subtil) und „Judgement Day“ (viril) fügen sich nahtlos in Eigenkompositionen, die ihren Honig aus Gospel, Soul und Boogie Woogie ziehen, Produzent Jim Gaines sorgt für Arrangement-Akzente. 3,5
Ein Loch ist im Eimer. Und wer stopft es? Na, EDDIE BO natürlich!
Auf „Hole In It“(Soulciety) streift der 67jährige Piano-Pionier aufgekratzt wie eh und je fast sämtliche Facetten eines zünftigen New-Orleans-Gumbo. Die eine oder andere Daddel-Länge inklusive. Spannend indes bleibt es da, wo Bo ganz auf Rhythmus setzt und der Fats-Domino-Bandleader Fred Kemp die Bläser vor sich hertreibt. 3,0
Ein Italiener an der Quelle seiner Leidenschaft: „Live In Kansas City“ (Acoustic Music/RTD) von Blues-Export RUDY ROTTA kann wohl nur Liebhabern endloser selbstverliebter Gitarren-Gniedelei nahegelegt werden. Dabei kann der Mann auch anders, wie die kompakte Version von Freddie Kings „Hideaway“ (zu spät) beweist. 2,0
Genre-Freunde greifen besser zu „A Tribute“ (Alligator/Edel Contraire), der über 20 Jahre nach frühem Ableben der Chicagoer Bar-Blues-Legende HOUND DOG TAYLOR gezollt wird – von alten Weggefährten (Elvin Bishop, Son Seals) wie jüngeren Fans (Michael Hill, Sonny Landreth). Vernon Reid (Ex-Living Colour) und Alvin Youngblood Hart wagen sich gemeinsam sogar an eine akustische Neuauflage des rudimentären „two guitars & a drumkit“-Grooves heran. Und Cub Koda hat Taylors Original-Backing, Brewer Phillips und Ted Harvey, noch einmal reaktiviert. 3,5
Schnäuzer, Matte, Bariton TRACE ADKINS gehört trotz dieser Äußerlichkeiten mit dem Traditional-Flair von „Big Time“ (IRS) zu den passablen Hat-Acts in einer Stadt, in der fast alles gleich klingt. 2,5