ROOTS :: VON JÖRG FEYER

Wer hätte das gedacht? Mehr als zehn Jahre, nachdem sein sonorer Bariton über Nashville kam „wie ein Spritzer Gebirgswasser im dicken Sirup der Music-Row-Mediokrität“ (wie die US-Plattenfirma dichtet), darf der einstige Traditionalisten-Vorreiter RANDY TRAVIS noch einmal den Hoffhungsträger spielen. Diesmal freilich „nur“ als – in jeder Beziehung – erster Act der Country-Filiale von Dreamworks. Rückschlüsse auf die künftige Label-Linie sollte man daraus allerdings nicht unbedingt ziehen. Stimmlich wie gewohnt über alle Zweifel erhaben, können einige Ausreißer-Songs („Horse Called Music“, „Stranger In My Mirror“) kaum darüber hinwegtäuschen, daß Travis‚ Einstand „You And You Alone“ (Universal) solide, aber selten wirklich mitreißend ausfällt. Die Meßlatte des eigenen Frühwerks liegt halt extrem hoch. 3,0

Das bessere Pure-Country-Album liefert unterdessen wieder mal JIM LAUDERDALE, trotz verglichen mit Travis – bescheideneren Pharasierungskünsten. Als Songwriter (George Strait, Patty Loveless etc.) längst bestens etabliert, soll „Whisper“(BNA/ARIS) dem Bakersfield-Export nun auch in eigener Sache zum Durchbruch verhelfen, nachdem der erste Versuch Anfang der 90er Jahre mit John Leventhal und Rodney Crowell gescheitert war. Ob das klappt, muß angesichts des Status quo bezweifelt werden. Unzweifelhaft ist hingegen die Klasse des Gebotenen: Wunderbar einfach, aufs Wesentliche konzentrierte Songs in kompakt-rustikalem Sound ohne modischen Tand. Als Co-Autoren standen ihm Harlan Howard und Buddy Miller zur Seite. Und wenn Lauderdale zuguterletzt mit Veteran Ralph Stanley ganz in Bluegrass macht, ist das kein verzweifeltes Buhlen um Roots, sondern einfach eine sehr schöne Selbstverständlichkeit 4,0

Zu den angenehmeren Figuren in Nashville gehört auch CHARLIE MAJOR. Mit unaffektierten Vocals, unprätentiösen Songs und schnörkelloser Produktion positioniert der Kanada-Import sein drittes Album Jiverything’s Abight „(Arista/BMG) klar im grünen Bereich. Neil Diamonds „Thank The Lord For The Nighttime“ fügt sich bestens ins sonst komplett selbstverfaßte Repertoire, das auch Springsteen-Fans goutieren dürften. 3,0

„Funk Is In The House “ (Zensor/Indigo) verspricht WALTER „WOLF-MAN“ WASHINGTON – und damit kaum zuviel Erneut erweist sich der Blues-Gitarrist aus New Orleans ab einer der vielseitigsten seiner Zunft Verbeugungen vor Soul-Größen wie Jerry Butler („I Stand Accused“) und leddy Pendergrass („Close The Door“) gehen ihm ebenso souverän von der Hand wie mellow Vocal-Jazz („I’m In Love“) aus eigener Feder. Die große Karriere, die ihm vor Jahren eilig und einhellig versprochen worden war, ist längst zurechtgestutzt 3,5

Nimmt man seine Songs zum Maßstab, kennt OTIS CLAY nur zwei Gemütszustände: ziemlich verzweifelt und gnadenlos optimistisch. Motto: Bei der nächsten Frau wird alles anders. Auf „This Time Around“ (Zensor/Indigo) versucht der Mann aus Mississippi, alle Register einer traditionellen Southern-Soul-Produktion zu ziehen. Doch die Arrangements bleiben manchmal zu statisch und lassen Gays agile Gospel-Emphase dann etwas in der Luft hängen. Die und einige Klasse-Songs bringen dennoch: 3,5

ERIC BIBB hat zwar für „Me To You“(Code Blue/Eastwest) nicht weniger als elf Studios von innen gesehen, dabei aber weder Überblick noch Kurs verloren. Songs wie „Keep My Cool“ und „I Need A Vacation“ sichern dem Akustik-Blueser aus London einen Platz zwischen Keb’Mo und Corey Harris. Taj Mahal sowie Pops & Mavis Staples treten motiviert zum Duett an. Beim nächsten Mal könnte Bibb doppelt so viele Sudios testen große Leistungen sind zu erwarten. 4,0

CHRIS CAIN schließlich kultiviert auf „Unscheduled Flight“ (Crosscut/Edel Contraire) jenen lässigen, aber nicht oberflächlichen Blues mit Jazz-Flair, der zwangsläufig nach Kalifornien führt Trotz blödsinnigem, typisch kalifornischem Plattentitel setzt der eher unscheinbare Musiker mit pointierten Licks und Charakter-Stimme setzt Cain zu einer ganz sicheren 3,5-Landung an.

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