Roots von Jörg Feyer

In Würde altern? Kein Problem für Blues-Musiker. In einem Genre, das „Gerontokratie“ als Schimpfwort nicht zu kennen scheint, ist auch dem immerhin schon 74jährigen CHARLES BROWN erst in den letzten Jahren seitens der Plattenindustrie der Respekt zugewachsen, den ihm seine Verehrer unter den Kollegen von Elvis Costello bis Bonnie Raitt schon lange bezeugen. Auf „Honey Dripper“ (Verve/Motor) – ganz im Stil einer Jazz-Session in drei Tagen eingespielt – präsentiert er sich als cool ruler am Piano. Wobei es doch erstaunt, welchen Swing er selbst einer wiedergekäuten Kamelle wie „Everyday I Have The Blues“ zu geben vermag. Sicher auch ein Verdienst seines Gitarristen und musical director Danny Caron, der neben Saxophonist Cliflord Solomon schillert. 3,5

RUFUS „Walking The Dog“ THOMAS, noch fünf Jahre älter, wird derweil nur noch von belgischen Afficionados zum Studio-Comeback überredet. Das kann man bedauern, kommt dann aber doch nicht so schlimm, wie zu befürchten stand. Natürlich hört das Baby, das sein „Blues Thang!“ (Sequel/Edel Contraire) gebiert, auf den Namen „Soul“. Doch sucht die Memphis-Legende ihr Heil dabei kaum in medleyesk recycelten „Funky Chicken“-Oldies. Nett: die Covers von „Mom’s Apple Pie“ und „I Can Do Bad By Myself“. Also: Keine Witze mehr über belgische Musiker! 2,5

Ohne GEORGE STRAIT kein Garth Brooks – eine gängige Formel in Nashville. Der Texas-Traditionalist mag nicht ganz so erfolgreich sein, beweist aber schon seit über einer Dekade nicht nur bei der Wahl von Hemd und Hut mehr Geschmack. „Blue Clear Sky“ (MCA/ ARIS) erreicht nach holprigem Start doch noch bewährtes Strait-Niveau – mit der obligatorischen Western-Swing-Referenz und dem obligatorischen Jim-Lauderdale-Song mit Classic Country („King Of The Mountain“) und Torch-Touch („Need I Say More“). 3,0

Immer, wenn Steve Fishell als Produzent auftritt, darf man aufhorchen. Auf der Sechs-Song-EP „Cows On Main Street“ (RCA/ARIS) nimmt der Hot Band-Pedal Steeler die THOMPSON BROTHERS ans Händchen, die sich alle Mühe geben, den Terminus „Country Rock“ dem Reißbrett genormter Eagles-Imitate zu entreißen. Das Trio covert, etwas brav, Steve Earle („The Rain Came Down“) und, schön frech, Neil Diamonds „Solitary Man“, beweist aber mit dem Everlyesken „Cry“ und „Has Been“ durchaus auch eigenes Songwriter-Talent. 3,5

Menschen, die das kreative Ableben von Ry Cooder betrauern, dürfen sich mehr denn je mit den SUBDUDES trösten. Nicht nur, weil Tommy Malone eine ähnlich prägnante Gitarre spielt, sondern vor allem auch, weil das Quartett aus New Orleans auf „Primitive Streck“ (High Street/ ARIS) wieder ein ähnliches, nach vielen Seiten offenes Roots-Verständnis kultiviert. Dumm nur, daß sie sich den Packen Pathos („Lonely Soldier“) manchmal nicht verkneifen können. 3,5

Ein Jesus-Freak, der in seinen Credits auch Coca-Cola und Texaco huldigt, mag nicht jedermanns Sache sein. Doch wer wie DAVID MUNYON bittersüße Love-Songs („Angel With A Busted Wing“) im weitgereisten Gepäck führt und „heavy petting“ auf „despair“ reimt (im ebenso tröstlichen wie erschütternden „Desperate For A Friend“), darf auf mildernde Umstände plädieren. Meist ziemlich sentimental, immer recht knuffig und nur dann weniger gut, wenn es ihn (selten) zu knarzigem Rock treibt, geriet „Acrylic Teepees“(Glitterhouse/EFA) dem „Army Brat“ zum schön-traurigen Abgesang auf eine Welt, die in seinen Songs überdauern wird. Das Backing liefern die Cracks Dave Pomeroy, Craig Krampf und AI Perkins an den relevanten Gitarren. 4,0

Relevant sind auch die üblichen Verdächtigen aus Seattle (darunter Terry Lee Haie, The Walkabouts), die CAROLYN WENNBLOM auf „Bees To The Honey“ (Glitterhouse/EFA) in ein erlesenes Folk-Pop-Ambiente betten. 3,0

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