Roy Harper – Stormcock :: Britische Folk-Musik der etwas esoterischen Sorte

Das war schon eine freundschaftliche Geste von Jimmy Page, den Bukka White-Blues „Shake ‚Em On Down“ unter dem Pseudonym Charles Obscure für das dritte Led Zeppelin-Werk neu zu arrangieren und jetzt mit dem Titel „Hats Off To (Roy) Harper“ aufzunehmen. Einen Schub für dessen Karriere brachte die Slide-Orgie allerdings nicht. Kurz vorher hatte Pink Floyd-Manager Peter Jenner den schwierigen, gleichwohl vielversprechenden Singer/Songwriter beim „progressiven“ Harvest-Label unterbringen können. Ein paar der dort veröffentlichten LPs sollten es etliche Jahre später auch in die Hitparade schaffen. Was bedingt auch damit zu tun haben konnte, dass er um etwa diese Zeit bei „Wisli To« Were Here“ als Sänger von „Have A Cigar“ zu hören war Für die Platte, die heute weithin als das Magnum Opus von Roy Harper betrachtet wird, musste sich der Mann aber erst mal ins amerikanische Exil zurückziehen. Nur für eine Weile. Und in die Ruhe von Big Sur, wo es nicht jenen Typ von als „in“ geltenden Folk-Clubs gab, in denen er Jahre zuvor in London oder auf dem Kontinent aufgetreten war. Was er von den Meditationen am Pazifik zurückbrachte, waren vier längere, durchaus noch auf seine Folkie-Vergangenheit Schlüsse zulassende Stücke, aber ganz sicher nicht mehr Folk im engeren Verständnis des Begriffs. Bei den gut zwölf Minuten der Folk-Elegie mit dem Titel „The Same Old Rock“ (sie!) spielte ein gewisser S. Flavius Mercurius Leadgitarre, und das mit sich selber mehrfach im Playback, zudem äußerst diszipliniert und höchst konzentriert, also ganz anders als bei „Hats Off To (Roy) Harper“. Sprich derselbe Freund Page, der bei dieser Remaster-Edition jetzt auch namentlich genannt ist.

Was immer bei den Stücken an eigener Erfahrung und Autobiografie als Inspiration gedient haben sollte (sicher auch die pazifistische Haltung, unverblümt anklingend in „One Man Rock And Roll Band“), überführte er hier formal überzeugend in „objektive“ Songs. „Hors d’Oeuvres“, erstes Stück des Zyklus, warum einiges kontemplativer arrangiert als die Ur-Fassung desselben ein paar Jahre vorher. Harper pur (und trotzdem an den John Lennon von Plastic Ono Band erinnernd), ist „One Man Rock And Roll Band“ das wohl immer noch unmittelbar zugänglichste der Stücke.

Das abschließende „Me And My Woman“ war ganz große barocke Folk-Oper, ehrgeizig und aufwendig von David Bedford arrangiert und orchestriert. Unendlich opulenter als alles, was Robert Kirby damals bei Nick Drake wagte.

Für die Neuauflage nahm man gegenüber der CD-Ausgabe von 1994 ein paar geringfügige produktionstechnische Korrekturen vor. Weniger „digital kühl“ und im Grundtonbereich voller, dazu wärmer klingen die Neuüberspielungen auch.

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