Ry Cooder – I, Flathead :: Autos und Mädchen: Der Abschluss von Cooders Kalifornien-Trilogie

Im Spätherbst seiner Karriere erlebt Ry Cooder seinen dritten Frühling. Nur gut ein Jahr nach der famosen Polit-Parabel „My Name In Buddy“ vollendet der 61-jährige Angeleno eine California Trilogy, die 2005 mit dem Abgesang aufs mexikanische Viertel „Chavez Ravine“ begonnen hatte – und sprengt dabei mit „I, Flathead“ das Format. Denn die ganze Schnurre um den songschreibenden Salzsee-Rennfahrer Kash Buk, der es — „Drive Like I Never Been Hurt“, wie er trotzig gleich lostönt – noch einmal wissen will, gibt es nur streng limitiert „als Novelle mit CD“. Für diese Rezension musste die Musik reichen. Vorweg eins: Die Verneigung vor „Johnny Cash“ ist für sich genommen okay, wirkt als autobiografische Reminiszenz in diesem fiktiven Rahmen aber fast deplatziert. Wir empfehlen alternativ: Cooders Titelsong-Cover von „Got Rhythm“ (1987).

Kalifornien, erste Hälfte des letzten Jahrhunderts, da ging es (fast) nur um Autos und Mädchen. Um den mythischen Cadillac, der seit Hank W. vielleicht beim Schreiben von Country-Songs hilft. Um die fallende Schöne, die den Helden auf ihrem Weg nach unten aufsammelt. Um den „Pink-O-Boogie“ fürs feuchte Höschen und den heißen Cheerleader-Ritt auf dem Rücksitz in „Ridin’With The Blues“. Ohne Rückfahrtticket womöglich und ökologisch garantiert unkorrekt. „Public transportation gets me down, might end up in a bad part of town…“ Und obendrein will dieser verdammte Chicano „Fernando Sez“ auch noch Kohle von Kash Buk und den alten Cadillac zurück. Die Tex-Mex-Posse als culture clash zeigt Cooders ganze Kunst als Stiljongleur wie als Chronist einer verlorenen Zeit. Die melancholische Aura, die – aller Verve, aller Aufgekratztheit, allem Gitarren-Drive zum Trotz – über “ I, Flathead“ liegt wie ein hauchdünnes Spinnennetz über dem Morgentau, gipfelt in der Twin-Peaks-Hommage „Flathead One More Time“, im illusionslosen Bilanzgeplauder „My Dwarf Is Getting Tired“ und vor allem in der einsamen Bar-Rap-Sodie „Can I Smoke In Here?“. Da bleibt als nächste Station nur der „Steel Guitar Heaven“ – oder doch noch eine Runde Schwofen mit diesem „Filipino Dance Hall Girl“ (zu toller Cooder-Tanzmusik). Wir begegnen außerdem dem coolen Wachhund „Spayed Kooley“ und-vermutlich kurz hinter Bakersfield – dem Protagonisten, der früh angefangen hat (1962) und immer Post aus Nashville bekam, mit den Songs, die sie ihm zurückschickten. Was wird da bleiben? „One old trailer, two rusty Cadillacs and 5000 country music songs…“ Und die Ungewissheit, ob heute noch Männer für den dritten Frühling gebaut werden.

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