Ryan Adams

29

Mercury (Universal)

Er singt und singt - und auch das dritte Album in diesem Jahr ist wundervoll

Vor vier Jahren, als er zum bisher letzten Mal mit Band nach Deutschland kam, war Ryan Adams der Superprinz. Zum König ausgerufen wird er wahrscheinlich nie mehr, das kann man heute mit halb trauriger, halb egaler Gewißheit sagen ob es an Adams‘ Springinsfeld-Natur liegt oder daran, daß es insgesamt immer weniger neue Superstars gibt, wissen wir nicht. Die Entscheidung, innerhalb von acht Monaten drei Alben herauszubringen, ist ein weiterer Grund: Lange, lange wird es dauern, bis irgendwer außer seinen Fans eine neue Adams-Platte als Ereignis wahrnehmen ¿wird. Viele denken: Der singt und singt, da wollen wir ihn mal nicht stören.

Natürlich ist auch „29“ eine wundervolle Platte, wie sie gerade kein anderer Sänger machen kann, teilweise so schön, daß man das eigene Herz laut dazu schlagen hört. Ryan Adams ist ein Manierist, der Geist, Sound und Schemata alter amerikanischer Musik bis ins Detail nachbildet was vor allem bei den Country-Songs der schwächeren Platte „Jacksonville City Nights“ eher reizlos war -, aber gleichzeitig ist er ein Verführer, in dessen Stimme auch beim klischeehaft getexteten Halbwelt-Gitarren-Walzer „Strawberry Wine“ noch so viel bübische Ich-reiß-mit-dir-aus-Keckheit liegt, daß man acht Minuten lang becirct zuhört.

„29“ hat Stücke, die interessanter und atemberaubender sind als alles, was Adams bis jetzt gemacht hat: „The Sadness“, ein elektrischer Flamenco von der mexikanischen Grenze, ein Wüsten-Love-Song, oder „Blue Sky Blues“, ein leises, müdes Klavier-Kunstlied für große Konzerthallen, mit Film-Orchester und einer eisigen Beschreibung der Liebe als amerikanische Landschaft. Doch gleichzeitig klingen schöne Stücke wie „Starlite Diner“ und „Carolina Rain“ so, als sei hier ein lediglich professioneller Songwriter am Werk, eir Tin-Pan-Alley-Typ, der auf Zuruf alles schreibt, was man haben will. Ryan Adams ist zweifellos ein großer Charakter, dabei oft scheint hinter seinem Fleiß doch die Faulheit zu stecken nach der wirklichen Inspiratior zu suchen, (universal)