Sean Lennon – Friendly Fire

Zwischen Debüt und zweitem Album acht Jahre verstreichen zu lassen, das kann sich nicht jeder leisten. Es gab in den Sechzigern mal eine Band, die hat in dieser Zeit ihr gesamtes Oeuvre hingezaubert und damit die Popmusik für immer verändert. Und – wie Kurt Vonnegut sagte – die Menschen und das Leben ein bisschen besser gemacht.

Sean Lennons Debüt „Into The Sun“ von 1998 gab einem den Eindruck, man habe es hier mit einer Art Mini-Beck zu tun. Verspielt, eklektisch und dabei doch immer dem jeweiligen Genre und der dahinter stehenden Tradition verpflichtet. Ein paar Beach Boys-Harmonien waren drin und einige sehr hübsche Melodien, die natürlich vor allem an einen Künstler erinnerten, mit dem Lennons Name popgeschichtlich verbunden ist wie mit keinem anderen: Paul McCartney.

Danach machte Sean Lennon Musik mit Cibo Matto, sang bei seinem Kumpel Rufus Wainwright mit, datete hübsche Schauspielerinnen und hatte erst mal keine Lust mehr aufs Musikgeschäft. Dann betrog seine Freundin ihn mit seinem besten Freund (oder anders herum) – und wie es das Klischee so will, setzt sich der betrogene junge Mann in sein abgedunkeltes Zimmerchen und schreibt Songs darüber.

Sean Lennon ist jetzt 31. Wäre er ein Fußballer, würde man sagen, er sei über den Status des „ewigen Talents“ nie hinausgekommen. Als Künstler erwartet man von ihm in dem Alter ein „reifes Popalbum“. Könnt ihr haben, hat er sich wohl gedacht. „Dead Meat“, das erste Stück auf „Friendly Fire“, hat gleich alle nötigen Zutaten: perlendes Piano, anschwellende Streicher, warme akustische Gitarren und aufstrebende Harmonien. Alles gekleidet in einen warmen, wattierten Sound, der so sehr nach dem Schönklang-Produzenten Jon Brion klingt, dass es einen nicht wundert, dass der hier auch mitspielt. Die späten Beatles könnten einem einfallen (zumal Sean Lennon ja irgendwie auch ein Spätbeatle ist), wenn der Song sich nicht in immer neuen Prächtigkeiten und häufigem An- und Abgeschwelle verlieren würde. Die Art von hohler Ohrschmeichelei nennt man heute „adult oriented Pop“. Ein Genre, in dem schon Seans Halbbruder Julian seine Karriere beendet hat.

Und doch: zwischen all der Zuckerbäckerei finden sich bei genauerem Hinhören auch ein paar Sahnestücke: „Parachute“ mit seinem hypnotisierendem Refrain, der gute Spät-Britpop (ca. The Verve) „Spectacle“, das zackige, Beck-artige „Headlights“, das psychedelisch wabernde „Would I Be The One“ und sum Abschluss die sehnsüchtige Piano-Ballade „Falling Out Of Love“, die sich hochschaukelt wie einst „A Day In A Life“. „I lost my way“, singt Sean Lennon ganz am Ende. Dabei hat er doch gerade hier erst den richtigen Weg gefunden.

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