Short Cuts

Dolly Parton

The Grass Is Blue [Sogar hill/fenn) Dollys Roots liegen in den Bergen von Tennessee, nur ein paar Steinwürfe entfernt von Kentucky. Bluegrass war also stets ein tragender Pfeiler ihrer frühen Platten. Und wenn man dann noch über eine Stimme verfugt, die so hell, klar und rein wie ein Gebirgsbach die Dreiklänge umschmeichelt und sich überdies aufs Harmonieren versteht wie sonst nur Emmylou (die bei Dolly seinerzeit in die Lehre ging), ist es schon mehr als frevelhaft, sich dem Nashville-Pop so hemmungslos hinzugeben, wie es die Parton tat Das war ein langer Satz. Der nächste ist kürzer. Dolly’s back. Das Instrumentarium ist klassisch und wird von einigen der Besten beigesteuert, das Material ist mit Bedacht gewählt und reicht von Johnny Cash über die Louvin Brothers zurück in die Copyright-freie Zone der Public Domain. Das überragende „Säver Dagger“ geht unter die Haut und ans Herz, nichts hier ist artifiziell oder abgeschmackt Bis zum jenseitig-inbrünstigen Gospel-Kitsch des letzten Tracks, der „I Am Ready“ heißt und hier wohl so unvermeidlich ist wie das Amen in der Kirche.3,5

McKinley Big Top Shop Talk (GOLD CIRCLE/INAKUSTIK)

Etwas weinerlich, aber immer tapfer bei der Selbstfindung ist McKinley, die tatsächlich ein wenig an Suzanne Vega gemahnt, ohne deren verbale Spitzen allerdings. In Alaska und San Francisco aufgewachsen, inmitten beschaulicher Biotope also, wo kein A-Train in gefahrvolles Terrain führt, kreist die Songschreiberin eben um ihre eigenen Probleme. Sich als Frau in einer Männerwelt behaupten und so. Beziehungsängste und Geschlechtergefechte. Und andere Stürme im Cocktail-Glas. Dazu passt bestens das manierliche Cover von Tafkaps „When Doves Cry“. 2,0

Martine McCutcheon

You, Me&UsuNNOCENn Im UK qua Soap ein Star, leiht die fesche Martine ihre fraglos modulierfahige Stimme einer Reihe reichlich seniler Schmonzetten. Zu Musik, die so berechenbar im 08/15-Takt dahinplätschert, dass sie fast von Phil CoUins stammen könnte. Bald auch bei uns erfolgreich. 1,5

Guy Clark

Cold Dog Soup (SUGAR HILL/FENN) Eine Mandoline barmt, Guy Clarks Gitarre fallt ein, und dann singt dieser Schrank von einem Mann das Lied vom leeren Magen, das Lied der Dichter. „Ain’t no money in poetry/ That’s what sets the poet free.“ William Butler Yeats und Townes Van Zandt werden als Kronzeugen aufgerufen, Ginsberg und Kerouac werfen ihr Leben in die Waagschale. Die texanische Beatnik-Folk-Ausgabe von Spitzwegs Gemälde „Der arme Poet“? Nein, Guy Clark hat es satt, dieses Romantisieren gescheiterter Versuche, an der Kunst zu genesen. „I’ve had all the freedom I could stand“, singt er unmissverständlich. Eine Wende sieht er freilich weder im Titelsong noch in einem der folgenden elf, sämtlich spartanisch arrangierten und von lakonischem Humor geprägten Stücke. Selbst die oft so süßen Harmonies von Emmylou Harris klingen eher bitter. Ein abgeklärtes, ja altersweises Album ohne jeden Schmus von einem Kerl mit jeder Menge Klasse. 4,0

Ben & Jason

Emoticons (goibeat/bmgi Joni Mitchell und John Martyn, meinen Ben Parker und Jason Hazeley aus London, hätten hier Pate gestanden. Mag sein, ein paar beiläufig abgerufene Akkordfolgen scheinen das zu bestätigen. Doch macht die allzu clever betitelte LP auch Geräusche, die auf andere Inspirationsquellen verweisen. Radiohead, ohne Dröhnung und Drama. Brian Wilson auf Valium. Parkers hohes, ohne Emphase tremolierendes Gesangsorgan hat etwas Grämliches, die Songs indes offenbaren durchaus unterschiedliche Gefühlsfacetten, und Akkordeon, Harpsichord, Tabla, Celli und Drum-Maschine sind fein aufeinander abgestimmt Die High Llamas klingen an, bevor ihnen die Seele beim Samplen abhanden kam. Und XTC, ohne deren Kunstfertigkeit 3,0 XTC Homespun (COOKING vinyd Die Demos zum Meisterwerk ^Ipple Venus Volume 1″: alle elf Tracks, teils nur skizziert, in mehr angedachten als realisierten Fassungen. Anderes, wie etwa die Gitarren in „Knights Of Shining Kharma“, klingen dagegen bereits recht ausgefeilt Die Macca-Melodie von „I’d Like That“ prallt noch frontal auf die Beach-Boys-Backing-Vocals, ohne Airbag. Fragmente und Fallstudien für den Fan. Die Strings aus der elektronischen Retorte, die intrikaten Harmonien ungeschliffen. Verkürzt die Wartezeit aufkippte Venus Volume 2″, das uns in ein paar Monaten beglücken wird. 3,0

John Paul Jones Zooma (DISCIPUNE GLOBAL MOBILE)

Der Led-Zep-Bassist nach langer Absenz als multiplexer Allround-Mann mit einem Instrumental-Album zwischen abstrusem Pomp, fingerfertigem Dudeln, horrender Perkussionsmechanik und akustischen Schnörkeln. Viel Donner, kaum Blitze. Ein Track, wie trefflich, heißt „DrumV Bass“. 1,5

Kevin Romann

MyBeauty (CREation/sony) Schon damals, als Dexy’s Midnight Runner und junger, hibbeliger Soul-Rebell in Overall und mit Wollmütze hatte Kevin Rowland etwas Tuntiges, Transiges. Jetzt steht er in Nylons vor uns, den Körper enthaart, die Seele entblößt Ein Comeback als Crooner, mit einem Covers-Album. Rowland heult und hadert, schmilzt und spreizt sich, dass es eine Art hat Auf Songs von Herb Alpert und Marmalade, von den Hollies, Monkees, Beatles, Four Seasons. Camp mit Herz und einer stimmlichen Hingabe, die jeden Verdacht bannt, es ginge nur um schäbige Kleinkunst „Labelled With Love“, im Original von Squeeze, ist wunderbar intensiv, und Springsteens „Thunder Road“ wird in ein fremdartiges Land verlegt, jedenfalls weit weg von Amerika. „The Long And Winding Road“, McCartneys Schmachtstückchen, strebt hier nach Höherem, und die Liverpool-Hymne „You’ll Never Walk Alone“, sonst in Stadien zu Hause, räkelt sich wohlig in Kevins Boudoir. Rowland fummelt an den Texten und fuhrt Arrangements auf, die duften und funkeln. Ein Rosen-Bouquet, die Blümchen des Bösen. 3,0

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