SHORT CUTS
Blue Rodeo In Our Nature ****
Das Ensemble aus Toronto ist eines der besten der Americana-Szene und legt hier ein famoses Werk mit gut ausgeloteten Kompositionen vor. Blue Rodeos Lieder tragen Country im Herzen, sind jedoch ungemein sanft. Doch diese leise summenden und still triumphierenden Melodien evozieren Gefühle, die sich nicht in einem Genre allein ausdrücken lassen. So liegt es in der Natur der Band, seit 17 Jahren.(Blue Rose)
Reckless Kelly Long Night Moon ***
State-of-the-art-Americana, Country-Rock und Westcoast aus Austin. Die Formation um Sänger und Songwriter Willy Braun buchstabiert auf ihrem zehnten Album die Genres mit großem traditionellen Vermögen, aber auch viel kräftigem Rock und einer kantigen Direktheit.(Blue Rose)
The Stanfields For King And Country **1/2
Die Kanadier reduzieren ihren Folkrock-Punk auf seine Wurzeln: irische und schottische Folklore mit Gitarren, Mandoline, Bouzouki. Nicht hymnisch-kämpferisch-bratzig, sondern melodisch, melancholisch und freilich folkloristisch.(Rookie)
The KVB Minus One ***
Dunkle Wave-Szenen mit unbeirrbar marschierenden 80s-Drumbeats, Noise-Gitarren und insgesamt einer höhlenartig apokalyptischen Wall-of-Sound, hinter der die Gesänge manchmal fast ganz verschwinden. (A Recordings/Cargo)
The Shanks Surfing The Lexicon ***
Aus Kanada: Ein Bassist und ein Schlagzeuger namens Pistolwhip von Shankenstein und Colonel Crankshaft spielen fleischigen Indie-Hardrock zwischen Motörhead und Two Gallants, auch klassischer 70s-US-Arenarock ist dabei. Klare Songs, ordentlich Schmutz in der Attitüde: gut. (Phratry/Broken Silence)
Boston Life, Love & Hope **
Erstes Album der Classic-Rock-Band seit dem Suizid des Sängers Brad Delp im März 2007. Delp ist bei drei Songs zu hören, die übrigen Gesänge übernehmen drei weitere Sänger/innen sowie Tom Scholz selbst, der hier auch wie üblich alle Instrumente spielt. Der Sound unterscheidet sich keinen Deut von den AOR-Riesenhits („More Than A Feeling“, „Peace Of Mind“ etc.) der 70er- und 80er-Jahre. (Frontier)
Paper & Places No Homes ***1/2
Juchzender, seufzender Indie-Pop aus Regensburg mit warm klingelnden Gitarren, romantischen Gesängen und schön tanzbaren Wave-Rhythmen. Der jugendliche Elan ist ansteckend, die Songs gut entworfen und der Sound ganz wunderbar. (Grand Hotel van Cleef)
Erik Cohen Nostalgie für die Zukunft **1/2
Der Sänger der Kieler Punkrocker Smoke Blow mit dunklem Hardrock, der an The Cult und Danzig genauso erinnert wie an den Goth-Pop der Sisters Of Mercy oder gar Depeche Mode. Aber auch norddeutsche Rocker-Schnoddrigkeit bahnt sich manchmal ihren Weg. (RYL NKR/Rough Trade)
Shearwater Fellow Travelers ***1/2
Eigentlich als home-recorded EP geplant, wurde „Fellow Travelers“ für Shearwater-Kopf Jonathan Meiburg eine Herzensangelegenheit: ein Cover-Album mit Songs von Künstlern, mit denen seine texanische Band auf Tour war, darunter eine traurig-schöne Version von Coldplays „Hurts Like Heaven“, Clinics „Tomorrow“ als kraftvoller Sixties-Stomper und St. Vincents „Cheerleader“ im Gewand eines Magnolia-Electric-Co.-Stücks. (SubPop/Cargo)
The Sounds Weekend *1/2
Auf ihrem fünften Album scheinen sich die Schweden selbst zu langweilen mit ihrem stoisch vorantreibenden New Wave. Kaum ein Song schafft es mal, aus dieser monotonen Riff-Hölle auszubrechen, Balladen wie der Titelsong dümpeln auch eher einfältig vor sich hin. Völlig unbeirrt.(Rough Trade)
The Anna Thompsons The Anna Thompsons ***1/2
Garage, Postpunk, Rock’n’Roll und 60s-Pop von einer Berliner Girl-Group, deren Mitglieder aus Spanien, Kanada, Amerika und Deutschland stammen. Zackig aufgekratzt, mit Gruselorgel, hysterischen Gitarren und sich überschlagenden Stimmen: tolle Rock’n’Roll-Show. (RAR/Motor/Digital Believe)
Sea Wolf Old World Romance ***
In den USA bereits Ende 2012 veröffentlicht, erscheint das dritte Album der kalifornischen Combo hierzulande erst jetzt. Melodisch fokussierter und lyrisch weniger verrätselt sollte es nach den Vorstellungen von Alex Brown Church werden. Mit größter Behutsamkeit bettet er herbstliche Popsongs über Heimweh auf fein-verwobene Folk-Arrangements.(DevilDuck/Indigo)
Matt Pryor Wrist Slitter **1/2
Nach einer kleinen Pause und mehreren Gelegenheitsjobs, die der Selbstfindung dienten, kehrt der Singer/Songwriter aus Kansas mit einem Soloalbum zurück, das die Welten seiner beiden Hauptprojekte The Get Up Kids und The New Amsterdams verbindet -mit empathischem Neunziger-Indie-Rock und akustischer Schwermut. (Arctic Rodeo/Cargo)
Tackhead For The Love Of Money **
Die legendäre Rhythmussektion um Doug Wimbish, Keith Le-Blanc und Skip McDonald überführt Songs von George Clinton, Stevie Wonder, Slim Harpo, Lou Reed, James Brown, David Bowie und Bob Marley in einen modernen Mix aus Polit-Funk, Space-Synthies und blubbernden Dub-Sounds. Im Studio sicher ein Mordsspaß. Auf dem Album springt der Funke leider nicht über. (Dude/Echo Beach)
Game Ove & Die Spielfiguren Ove, Wenn & Aber ***
Der diesjährige Gisbert zu Knyphausen heißt Ove Thomsen. Nicht so versunken in Befindlichkeiten wie Moritz Krämer, nicht so hemdsärmelig wie Patrick Richardt, gelingen ihm und seiner Hamburger Band Stücke von kantiger Melancholie, etwa „Sei kein Frosch“ mit countryeskem Flair und Prärie-Gitarren. (Wattn Sound/Indigo)
Boy & Bear Harlequin Dream ***
Ihren Traum verwirklicht sich die australischen Band, indem sie mit Banjo und Wurlitzer in ihre musikalische Heimat reist. Dort bohrt das Quartett mal tief im Americana-Land, mal kratzt es nur an der Rock-Oberfläche. Und manchmal verwechselt es auch Pop mit einem „Old Town Blues“.(Nettwerk/Soulfood)