Short Cuts von Oliver Hüttmann

GZA/Genius – Beneath The Surface (Polydor)

Die schwarzen Shaolins präsentieren: GZA, der visuelle Kopf des Clans, hat auf seinem dritten Album die düstere Dramatik des Wu-Styles etwas zurückgenommen und mit Soul aufgelockert Der Rhythmus ist stringent mit tiefen, sämigen Bässen, Synthie-Klänge sind geschmeidig eingearbeitet Bestechend ist seine scharfe Stimme. Sonst ragt kein Einfall aus diesem Guss heraus. 2,5

Austin Powers – Soundtrack (WEA)

Yeah! Dem schamlosen Camp-Comedian Mike Myers ist das Comeback des Jahres gelungen. Nach seinem White-Trash-Triumph „Wayne’s World“ mit Cover-Versionen von „Ballroom Blitz“ und „Bohemian Rliapsody“ plündert, parodiert und pulverisiert er als smarter, stupider „Austin Powers – The Spy Who Shagged Me“ nun die 6Oer Jahre. Ebenso eskapistisch, stil- und zitatensicher ist die Musik: Madonna und William Orbit haben die Single „Beautiful Stranger“ angelegt als psychedelisches Hippie-Synthie-Stück, Lenny Kravitz röhrt „American Woman“ von Guess Who, Dimitri From Paris hat Quincy Jones‘ „Soul Bossa Nova“ zu einer sexy swingenden Schlaufe montiert Höhepunkt: Als romantischer Straßenmusikant singt Elvis Costello mit Butt Bacharach dessen „111 Never Fall In Love Again“. Als BBC-Live-Fassung ist „My Generation“ von The Who der einzige Originalstück – und Grover Washingtons beziehungsweise Bill Withers‘ Hit Just The Two Of Us“ gleich eine mehrfache Adaption: Myers rappt als Dr. Evil dreist zu der Version von Will Smith. It’groovy, baby! 3,5

EyesWideShut – Soundtrack (WEA)

Gespenstisch pochen die immer gleichen Töne auf dem Piano, vier Minuten lang. Ein Stück von György Ligeti, dessen Musik Stanley Kubrick bereits in „2001“ verwendet hat Dann schwillt ein Walzer an – und folgt Chris Isaaks Swamp-Blues „Baby Did A Bad Bad Thing“, das noch leichteste Stück dieser sinistren Filmmusik. Die Violinistin Jocelyn Pook beschwört unheilvoll-verführerische Schauer, The Victor Silvester Orchestra spielt jenseitigen Swing, selbst „Strangers In The Night“ ist hier jeder Romantik entzogen. Mantrahaft, exquisit Eyes shut, ears open! 4,0

Quannum Proiects – Quannum Spectrum (MO’WAX)

Ein HipHop-Kollektiv um DJ Shadow des Bay Area-Labels Quannum, zu dem die deutschen Poets Of Rhythm gehören. Von Jurassic 5 und Company Flow unterstützt, präsentieren sich die aufregendsten, subtilsten MCs und DJs seit den Native Tongues. 4,0

bandaloop. Aromatik (Sony/Columbia)

Motorsheep und Fruit sind ähnlich gescheitert Nicht ungeschickt hat das Trio vom Big Beat über TripHop bis zur Gitarrenpop-Ballade alles eingesammelt, damit irgendetwas vielleicht irgendwo Eindruck schindet He, zu viele Gewürze verderben das Aroma! 2,0

Egoexpress – Bieker (Ladomat 2000)

Also, wir vergessen mal die Expo 2000 und hören den Track „Weiter“, dessen fesselnder Disco-Groove und jenseitig-blechern vorgetragener Refrain „Man muß immer weiter“ die Kraftwerk-Initiation mit dem Impuls zum Tanzen koppelt und ganz weit ins Jetzt katapultiert – oder weiter. Das Hamburger Duo balanciert mit Techno-Beats und House-Loops präzise am Rande der Monotonie. Wer nicht irre wird, dem öffnet sich vielleicht ein Nirwana. 3,5

Think About Mutation – High Life (Motor Music/Universal)

Der aufgebrezelte Lärm der Leipziger ist kaum schlechter als das US-Crossover-Gerümpel, also auch nicht unbedingt nötig. Völlig daneben aber ist es, Frankies „Two Tribes“ als grunzendes Metal-Gestampfe zu covern. 2,0

Stereo Total – My Melody (Bungalow)

Das Berliner Duo bereitet weiterhin die schöne analoge Welt des Chanson und Schlagers auf, nun noch digitaler-warum nicht Als Mädchenplatte definiert Brezel Göring seine irrwitzig-liebevollen Disco-Trash-Oden, die Francoise Cactus mit berückenden Seufzern trällert. Eine köstliche Cover-Version ist „I Love You, Ono“ von Japans 80er-Band Plastics. Und „Joe Le Taxi“ klingt, als wolle Serge Gainsbourg trunken Vanessa Paradis liebkosen. 3,5

Rocko Schamoni – Showtime (Trikont/Indigo)

Einst nannte er sich King. Noch nicht ganz so alt wie Udo Lindenberg, dem er stimmlich ähnelt, wirkt er heute wie ein Szene-Tamagotchi, das als Vorbild für politisch alltagsbewusste Scherzbolde und Diskursmusiker artig gepriesen wird von 5 Sterne Deluxe oder Jochen Distelmeyer. „Showtime“ ist sein Showdown: Er spottet der Protestkultur der Eltern in „Gegen den Staat“, einer Version des Wax-Songs „Bridge To Your Heart“, sowie der wohlfeilen „Neuen Generation“, will „Anders sein“, gibt „The Diskoteer“ und in „Wie du“ Roland Kaiser. Das Cover zeigt ihn als Engel mit Pistole im Hosenbund wie auf einem Filmplakat mit Celentano. Ja, er ist sexy, verdammt, musikalisch aber ist es fast schon tragisch. Mit netten Bläser-Etüden, Disco, Sly Stone, Soul eiert er durch läppische Lieblingsmelodien. Da helfen auch die Remixes wenig. 2,5

Star Wars-Episode 1 – Soundtrack (Sony Classical)

Sein Kino-Epos ist Popkultur – und mit Celine Dion oder Puff Daddy wäre sicher noch eine Umsatz-Milliarde fällig gewesen. Aber George Lucas, der das moderne Marketing miterfand, bleibt ein Klassiker. Daher durfte wieder der fünffache Oscar-Preisträger John Williams ran, der für alle Filme von Lucas und dessen Kumpel Spielberg komponiert hat. Da in „Star Wars“ die Bilder, nicht Dialoge das Geschehen antreiben, muss man ihn als Science-fiction-Stummfilm begreifen. Kongenial umfasst Williams mit dem London Symphony Orchestra die Klaviatur der Kino-Dramaturgie. Und die heroische Titelmelodie ist zeitlos schön. 3,5

Götz Alsmann – Zuckersüß (Universal)

Kürzlich kommentierte er ohnmächtig die Love Parade: „Da ist der Wagen 46 und dort hinten sehe ich schon Wagen 48.“ Das Männlein mit Fliege und kariertem Anzug klimpert lieber Nierentisch-Schlager und Kuschel-Swing von Siegel, Husch, Erhardt und Gainsbourg, konfektioniert mit Congas, Bläsern und Streichern arrangiert. 2,5

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates