Short cuts von Wolfgang Doebeling

Dion Deja Nu (collectables/import)

Vor 40 Jahren war er der coolste Crooner auf dem Planeten: Er vermählte mit seinen Belmonts den DooWop mit Highschool Rock und schmiedete ein Dutzend unzerstörbarer Pop-Klassikei; darunter „A Teenager In Love“ und „The Wanderer“. Inzwischen ist Dion 61 Jahre alt, verbringt die meiste Zeit in Florida, hat aber immer noch die Bronx im Blut und die Streetcorner-Harmonies der Barbershop-Quartette seiner Jugend. JOeya Nu“ ist sein erstes Album in acht Jahren, er besingt zweimal Buddy Holly und covert ebensooft und absolut kongenial Bruce Springsteen: „Book Of Dreams“ und Jfl Should Fall Behind“. Eine Überraschung ist das nicht, hat sich der Boss doch wiederholt als Dion-Fan geoutet, wohl wissend, was er dem Werk des Pioniers verdankt. Schon überraschend indes ist, wie Dions Fifties-Sound für die neuen Aufnahmen rekreiert wurde. Indem man sich nämlich den natürlichen Hall von Treppenhäusern und Badezimmern zunutze machte. Wie damals. 3,5

The Big Barn Combo Comin All The WayFrom Detroit City (JUNGLEROOM/FENN) Die Motorcity USA mag musikalisch nicht gerade für Rockabüly stehen, doch gelten die vier Jungs der Big Barn Combo nicht von ungefähr ab eine der großen Hoffnungen einer Stilrichrung, die im Zuge des Swing-Revivals etwas unterzugehen drohte. Das war freilich gestern, die Gefahr scheint gebannt. Die Band um Sänger und Songwriter Craig Maki stürzt sich so diszipliniert wie feuereifrig aufs größtenteils eigene Material zwischen Bop und Boogie, zentriert jedoch im Kern auf je-‚ nen explosiven, kompulsiven und krachenden Klang, den einst das Rock’n‘-Roll Trio um Johnny Burnette zu seinem Markenzeichen gemacht hatte. Auch wenn Paul Cooks sorgsam verzerrte Lead-Gitarre nicht ganz die schiere Wucht von Paul Burlisons hehren Vorlagen erreicht Die Vinylpressung wartet mit Bonus-Cut au£ 4,0

Martin Newell TheSpiritCage (jarmusic/zombai

Leser der Tageszeitung „The Independent“ schätzen Newelis dortseibst in schöner Regelmäßigkeit abgedruckten Poeme zu aktuellen Geschehnissen und Kulturkrankheiten. Liebhaber melodieseliger, intelligenter und spleeniger Britpop-Gespinste haben ihn längst ins Herz geschlossen und mussten gut sechs Jahre auf die neue Song-Kollektion warten. Die Jungs von XTC sind diesmal nicht mit von der Partie, Newell bewältigt sein wie eh und je leicht verschrobenes Material fast im Alleingang, aber allen XTC-Fans sei „The Spirit Cage “ dennoch wärmstens empfohlen. Der Vinylausgabe ist eine 7″ Single mit drei exdusiven Cuts beigelegt Splendid. 4,0

Kevin Coyne Room Full Of Fools (RUF/IN-AKUSTIK)

Noch’n schrulliger Brite. Gröber, brachialer, anarchischer (und älter) als Newell, mit eigenem Multi-Instrumentalisten-Sohn als Stütze, nicht Pop-vernarrt, sondern Blues-närrisch. Aber, Gratulation, still cran. 3,0

Aynsley Lister

Everything I Need (RUfmn-akustik) Gerader, energischer und Riff-lastiger I ab auf seinem letzten Album geht der Brite Lister seinen Bluesrock auf JEverything I Need“ an, doch beeindrucken am meisten die akustische Adaption von Tony Joe Whites „As The Crow Flies“ und das ruhige, unaufdringliche Cover des Hendrix-Songs „Little Wing“.2,5

The Dmo Martinis Nuthin’But The Hits, Baby!

FRANKIE JOT/SPH Lockeren lustiger GebrauchfrSwing von den jungen Routiniers aus Calgary, Canada, die auch den Calypso können und in Vier-Sterne-Hotel-Lounges fraglos eine gute Figur machen. Nett: die verquengelte, verjazzte fersionvon Lemmys,,AceOfSpades“.HH

SheenaEaston

Fabulous (UNIVERSAL) Kylies knudduges Disco-Ding läuft prima, also wiederholt man die Masche mit der stimmgewaltigeren, hiterprobten Schottin. „Never Can Säy Goodbye“ ist Kampfruf und Schwanengesang zugleich. Sheena is a camppopper.

1,5 :

Jess Klein DrawThemNear (R¥kodisc/2omba>

Slide-Sounds und ein süß in die Kopfstimme kippendes, kokettes und doch kumpelhaftes Mädchen-mit-Mut-Zwitscbern.Jess kommt aus Boston. Wuschelkopf, klobige Boots, Rock überm Knie. Ist sensibel und süß, aber tough. Spielt mit Musikern von Wilco und so, schreibt Songs wie Jewel, aber süßer und irgendwie tougher. Mehr mit Seele und so2,0

Dido No Angel -c H e E k y/a R i s ta)

Im heimischen London kennt sie kaum jemand, doch in den USA hat diese LP bereits eine Million Käufer gefunden. Eminem hat Didos Stimme gar für seine neue Single „Stan“ gesampelt und aus diesem charakterfesten, in sich ruhenden Zen-Organ einige bittere, ja sinistre Tropfen gepresst Der SchlingeL Ist ja sonst nicht Didos Art, das Böse und Blöde. Im Gegenteil. J^lo Angel“ ist ein überaus gesittetes, hochprofessionelles und musikalisch deshalb nicht reizloses Album. State of the art mainstreampop. 2,5

Enya

A Day Without Rain (WE : a>

Das vierte Studio-Gesäusel der New Age Queen, von kristalliner Klarheit und kein bisschen angekränkelt vom Hier und Jetzt Der ideale Soundtrack mithin zum Chill-out nach der stressigen Selbsterfahrungsgruppe. Die Duftkerzen anzünden, ein Gläschen Prosecco und Lieder über Tage ohne Regen. Sanftes Schwelgen in ätherischen Harmonien, Enya vor spectorianischer Klangkulisse wie aus 1000 Harfen, hypnotisch und herrlich sedativ. Tönende Homöopathie, sicher bald auf Rezept, die Kosten trägt die Kasse.1,0

Hang Or Die Penis Envy ( R E c R E c )

Punk meets Kleinkunst Drei militante Schweizerinnen auf ihrem Kreuzzug gegen saubeten Sex, schlappe Schwänze und erfolgloses Fingern nach dem G-Spot Wie einst Kleenex, aber rabiater. Kommt mit Menstruationskalender, keineswegs unkomisch. 2,0

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