Short Cuts von Wolfgang Doebeling
RodneyCrowell
The Houston Kid (SUGAR HUL/FENN)
Sidekick in Emmylous Hot Band, viel versprechender Songwriter, 1978 die erste Solo-LP, im Rücken Emmylou, ihre Hot Band, Ry Cooder, Mac Rebennack, Willie Nelson, Jim Keltner und ein gutes Dutzend weiterer Cracks. Ein fliegender Start, wie er nur wenigen vergönnt ist. Ehelichte Rosanne Cash, schrieb Hits für andere und ab 1988 etliche auch für sich selbst. Rodney Crowell hatte Nashville in der Tasche. Dann kamen die mageren Jahre, Scheidung, Entfremdung, Ekel. Und nun mit „The Houston Kid“ ein autobiografischer Songzyklus, ein Memo-Trip zurück zur hasslichen, gärenden Unterseite seiner Geburtsstadt. „I didn’t kill my daddy but my momma tried/ She shot him with a pistol and he like to a died.“ Songs wie offene Wunden. Linderung durch Rockabilly: „I Walk The Line (Revisited)“ erzählt vom ersten Encounter mit Johnny Cash, mit dem Ex-Schwiegervater als Sparringspartner. Ein Album voll bitteren Humors, dunkler Geheimnisse, aber nicht ohne Momente der Rührung. Für Rodney Crowell ein Purgatorium, für uns eine so unerwartete wie beklemmende Offenbarung. 4,0
Delbert McClinton
Nothing Personal (BLUE ROSE/IN-AKUSTIK)
Noch ein Texaner, der es in Nashville zu Ruhm und bescheidenem Reichtum brachte, nicht als Songwriter für Country-Stars indes, sondern als Sänger, Belter, Shouter und Howler von Blues, Rock und SouL Noch eine Rückkehr zu den Roots, allerdings nicht auf dem atemberaubenden Niveau früher, den Rhythm & Blues des Lone Star State definierenden LPs wie „Victhn OfLife’s Circumstances“ oder „Genuine Cowhide“. Delbert Mc-CIinton lotet nur einmal mehr den Boogie aus, in all seinen Tiefen und Untiefen, streut mit „When Rita Leaves“ eine traurige Mex-Ballade ein, harmonisiert mit Iris DeMent auf dem Country-Schmerzensüed „Birmingham Tonight“ und verfallt dem Blues, musikalisch nicht immer prickelnd, vokalistisch jedoch, wie nicht anders zu erwarten, stets packend. 3,0
J.J.Cale
Live (DELABEL/VIRGIN)
Eine geschwinde, beinahe eilige Version von „After Midnight“ eröffnet die Feierstunde, der Meister solo und strikt akustisch. Später schleichen sich andere Musiker ins Bild, setzen ökonomisch Töne, doch will sich nur selten jene göttliche Relaxtheit einstellen, für die Bühnenauftritte des Schaukelstuhl-Magiers sonst bürgen. „Cocaine“ wirkt ganz untypisch flach, vieles allzu routiniert, und sogar „Magnolia“ verströmt eher Flughafen-Flair als Südstaaten-Schwermut. 2,0
Luther Allison
Hand Me Down My Moonshine (RUF/PLATINUM)
Akustische Homerecordings vom Blues-Stilisten, unbegleitet oder sparsam verziert von Slide und Steel. Auf dem rustikalen „Meet Me In My Own Hometown“ leiht Sohn Bernard seine Stimme. Den brillanten, fast zehnminütigen Title-Track bestreitet der Vater als Solist zu behender Gitarre und sonorem Bass-Phlegma. 3,0
The Blues Band
Scratchin‘ On My Screen ( Hypertension / Edel Contraire) Ebenfalls ohne elektrische Ampüfikation präsentiert Britanniens gestandenste R&B-Combo die Resultate eines musikalischen Ausflugs ins Mississippi Delta. Robert Johnson, Sleepy John Estes und Muddy Waters werden gecovert, Leadbelly und Hoagy Carmichael adaptiert, aber auch ein paar eigene Tunes. Und mit „Lonely Avenue“ ein umgedeutetes Pop-Kleinod von Doc Pomus. Paul Jones singt adäquat, die Band schrubbelt meist in McGuinness-Flint-Manier. 2,0
JamesGrant
My Thrawn Glory (indigo)
Getragen-melancholischer, fein orchestrierter Pop mit Fenstern zu Folk und Jazz. Früher war der Schotte mit Love And Money erfolgreich, davor mit Friends Again – heute sagt er: „I wouldn’t sign for a major label now. There’s too much compromise.“ Für den David-Gray-Fan, der offen ist für ein kleines Abenteuer in Sachen fortgeschrittener Fusions-Pop und erbaulicher, beschaulicher Lyrik. 2,5
David Todoran
Solstice (ULFTONE/EDEL CONTRAIRE)
Ian Spanic, Junior des fantastischen, leider inzwischen inaktiven Vaterund-Sohn-Duos The Spanic Boys, hat David Todorans Album produziert, mit ordentlich Twang und Gespür für Balance, jedoch ohne Risiko. Schade, denn nur ein wenig Feuer und ein Touch Ruchlosigkeit hätte Todorans unzweifelhaft feinen Songs das nötige Profil gegeben. So bleibt immerhin linder Country-Rock, wie er in den Siebzigern von Dan Fogelberg oder Michael Dinner gepflegt wurde. Americana lieht. 2,0
Jackpot
Weightless (FUTURE FA IM ER / M U N I CH)
Das Westcoast-Trio kennt die ungeheure Langsamkeit des Seins, versteht sich aber auch auf feistes Rocken. Angus bung und Willie Nelson sind Heroen, was auf „Weightless“ freilich kaum zu Buche schlägt, weil beide Einflüsse bestenfalls zu ahnen sind in diesen Provinz-Vignetten zwischen Bubblegum, Whiskey, geschmolzenen Eiswürfeln und Schlössern aus Zahnstochern. Lazy. 2,0