SHORT CUTS :: VON WOLFGANG DOEBELING

The Detroit Cobras – Life, Love And Leaving (SYMPATHY FOR IHE RECORD INDUSTRY)

Viele Jahre lang werkelten sie im Halbdunkel, die Überzeugungstäter des sarkastisch firmierenden und moralisch geführten Lärm-Labels Sympathy For The Record Industry. Und jetzt haben sie plötzlich zwei heiße Eisen im Fegefeuer der Eitelkeiten, ohne freilich den kleinsten faulen Kompromiss eingehen zu müssen. The White Stripes: Archaischer Punk-Blues von einem bleichen Bengel, der seine Gitarre malträtiert und liebkost wie ein Psychopath, an der Schießbude begleitet von der Schwester, die sich nicht entscheiden kann, ob sie lieber Mo Tucker wäre oder Pippi Langstrumpf. Ein Freak-Act, der per Zufall zum Darling der Medien avancierte. Und nun, noch einen Zacken schärfer als die Stripes: The Detroit Cobras. Ein Quintett aus sehr ungesunden, somnambulen Nachtmenschen, die den Rhythm & Blues der Fifties und den Girl-Group-Sound der Sixties durch die Mangel begrenzter musikalischer Fähigkeiten drehen. Ike Turner und Solomon Burke werden delirisch abgefackelt, das sublime „Oh My Lover“, im Original von den Chiffons, klingt hier nicht wie Backfisch-Minne, sondern eher wie eine Drohung. Sängerin Rachael Nagy changiert zwischen Coolness und Neurose, die Band kokelt gefährlich. Rock’n’Roll is alive and kicking in Detroit. 4,0

Cotton Mather – The Big Picture (Rainbow Quartz)

Das bislang beste Album der texanischen Beatles-Jünger. Die Produktion gibt den Songs mehr Raum als auf den hyperkomprimierten Vorgängern, Sänger Robert Harrison hängt den Lennon nicht mehr so penetrant heraus, Balladen und beherzte Riffs bilden den Rahmen, durch den erst Handdaps und andere spectorianische Effekte so recht zur Wirkung kommen. 3,5

Max Eider – Hotel Figueroa (VINYL JAPAN)

Intelligenter, melodisch eigenwilliger und lyrisch lohnender Pop vom ehemaligen Jazz-Butcher-Gitarristen. Eiders eloquente Songs sind neu, ihre Grundstimmung ist urbritischer, stimrunzelnder Skeptizismus. Getragen von Melancholie und natürlich ebenso konsequent in Moll wie seinerzeit auf Eiders 88er Solo-Debüt „“The Best Kisser In The World“. Der Umstand, dass sich Hoagy Carmichaels „Lazy Bones“ beinahe nahtlos einfügt, spricht Bände. Schöne Sache: Die limitierte Vinyl-Edition kommt handsigniert. 3,5

Wizz Jones – Lucky The Man (SCENESCOF/INAKUSTIK)

Folk-Preziosen vom Altmeister der Klampfen-Kunst, technisch souverän und doch nicht ohne Feeling. Drei feine Originale, ein paar gediegene Covers und ein Evergreen im Duett mit Jacqui McShee.

Nichts davon so essenziell wie die Wizz-Fingerfertigkeiten der Sechziger, aber deswegen noch lange nicht obsolet. 3,0

Shannon Wright – Dyed In The Wool (QUARTERSTICK/EFA)

Shannon Wrights Platten werden von Mal zu Mal soundverliebter und cinematografischer. Sanft schwellende, ja bombastelnde Keyboards und Streicher kontrastieren mit emphatischen Vocals zu dunklen, dichten Songs über Vergänglichkeit und Tod. „“There goes your body in a box“, tremoliert die Hinterbliebene, „“that is all I have left.“ Kunstlieder. Indie-Rock-Kunstlieder. 3,0

The Bees – Sunshine Hit Me (WE LOVE YOU/LABELS/VIRGIN)

The Bees sind Aaron Fletcher und Paul Butler, beheimatet auf der Isle Of Wight, und ihr seltsam verschrobener Stilmix aus lichtem Pop, leichtem Funk, rachitischen Reggae-Beats und anderem perkussivem Krimskrams, gepaart mit Pseudo-Beach Boys-Harmonien oder Latino-Gekasper hat ihnen im UK einen guten Ruf eingetragen. Als Innovatoren und idiosynkratische Modernisten. Tatsächlich sind die Bees nur Absolventen der Sean O’Hagan-Schule für Sammler und Bastler. Begabt, zweifelsohne. Allerdings: must try harder. 2,5

Shakira – Laundry Service (EPIC/SONY MUSIC)

Da greift er doch gerne zu, der Amerikaner. Die hispanische Walküre wird als blondierte Alternative zu J.Lo feilgeboten und ist wie diese mit ordentlich Attraktivität und Sex-Appeal gesegnet. Ein Hingucker, wie es in neudoofdeutsch heißt, ja ein Aufreger. Was für die Musik freilich nicht gilt: Der übliche überdrehte und unterbelichtete Dancepoprock-Schlock, dem Shakira bei Bedarf einen Schuss Britney verpasst, Madonna-Taktik oder Cranberries-Vibrato. Wir empfehlen: Videos gucken, „“mute“ drücken nicht vergessen. 1,5

Elephant Man – Log On (GREENSIEEVES/ZOMBA)

Oh, Jamaica! Heruntergekoi auf Comic-Figuren wie den Elephant Man, eine grenzdebile Erscheinung, von Ganja und Rum konditioniert, krakeelend, lispelnd, lästernd, krächzend, quäkend, sabbernd, stotternd, Gift und Galle spuckend. Dancehall, hi-tech, lowflow, no-brain. Und so unterhaltsam wie DJ Ötzi. 1,0

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