Shuffle Songs

„Shuffle Songs“ heißt das Thema des altgedienten, bisweilen altgedachten, aber eigentlich immer lesenswerten Literaturmagazins „Neue Rundschau“, und das beginnt gleich ziemlich groovy federnd mit einem Ausschnitt aus einem längeren Essay des Musikkritikers Chuck Klostermann, der hier schön unbedarft, abschweifungsreich und sehr persönlich über Popmusik und dessen Relationen zum Leben und zum Tod improvisiert. Klostermann erzählt einfach ein paar locker zusammenhängende Geschichten, die sich dann beinahe absichtslos zu einer These verdichten. Etwa die, daß die Essenz des Songs mit dem Produktionsprozeß selbst gar nichts mehr zu tun hat. Ausgangspunkt ist ein Interview mit Jeff Tweedy, dem er beichtet, daß er Fleetwood Macs „I Don’t Want To Know“ so liebt, weil man in den ersten fünf Sekunden Lindsey Buckinghams Finger über die Saiten seiner akustischen Gitarre rutschen hört. Tweedy ist begeistert. Buckingham gehöre zu den absoluten Kontrollfetischisten. „Aber der Teil von ‚Rumours‘, der für dich und deine Freundin am wichtigsten war, ist ein kleiner Riss, den er nicht zuspachteln konnte. Im Grunde kann keiner irgendwas kontrollieren.“

Die besondere Aufmerksamkeit der Herausgeber gilt Tom Waits. Zu lesen sind eine poetisch-wortkarge Selbstauskunft, ein paar nicht so richtig zupackende Widmungs-Gedichte von John Berger und Matthias Göritz, schließlich ein langes, aufschlußreiches und ganz grandioses Gespräch mit Jim Jarmusch von 1992. Es geht u.a. um Waits obsessive Suche nach Geräuschen, seine gelegentlichen Gesichte, um Außeridische (für ihn besteht kein Zweifel, daß die Regierung welche gefangen hält!), sein eher rhythmisch-akustisches Verhältnis zur Sprache und seine literarischen Präferenzen, die er stets bündig zu erläutern weiß: „Burroughs mag ich sehr. Er ist wie ein Stahltisch. Er ist wie eine Destillerie, alles, was aus ihm herauskommt, ist schon Whiskey.“ Das Gespräch endet schließlich damit, daß Waits‘ 65er Chevy, in dem die beiden herumkurven, plötzlich zu brennen anfängt. „Es brennt Jim… Ich fahr mal ran.“ Ein Film in Worten! (10 Euro)

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