Sigur Rós – O :: FAT CAT/PIAS

Die isländischen Märchenerzähler gewohnt gut, aber berechenbar

Ein Freund von mir, nennen wir ihn mal Jan W., ist gerade wieder nach Island gereist. Es gäbe dort Plattenläden, die „alle Will-Oldham-Platten da haben“, sagt er, was so klingt, als ob er nicht explizit wegen dem Hinterland, der Geysire und freilaufenden Strauchschafe nach Reykjavik fliegt.

Sigur Rós, Ureinwohner des Indie-Pop-La-Gomera, muss man genau so verstehen: Sie spielen die schwerelose, suggestive, schwellende Quasi-Instrumental-Musik auch nicht, weil sie esoterische Landschaften vertonen wollten – sie arbeiten im Prinzip mit der gleichen Motivation wie gewöhnliche Indie-Bands, die ihr Handwerk verfeinern und – auch im größten Geräuschgewitter – als Band erkennbar bleiben möchten.

Als ob Sigur Rós mit Kraft das Gegenteil beweisen wollten, haben sie kürzlich mit Chor und Orchester ein Kapitel der „Edda“ interpretiert und bringen nun eine Platte namens „0“, deren acht Stücke keine Titel haben. Wo das Ausdenken von Song-Titeln doch jeder Band so viel Spaß macht! Dabei hört man den breit angelegten, kompositorisch minimalen Lied-Sätzen genau an, wie sie im Proberaum als Improvisationen entstanden sind: Manchmal ist es nur ein Piano-Motiv, das mit allem Drumherum langsam lauter wird. Sie machen das magisch gut, aber oft schon berechenbar.

Doch eher Lambchop als Johann Sebastian Bach.

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