Sinéad O’Connor – Gospel Oak

Sie hatte eine Träne im Auge, zerriß die amerikanische Flagge und beleidigte den Papst. Sie rief die Revolution in Irland aus und stritt für das Recht auf Abtreibung. Sie schor sich den Kopf und trennte sich von ihrem Mentor. Sie war dem Wahnsinn nah. Nur Platten gab es nicht mehr von Sinead O’Connor. Und auch Gott in Gestalt von Neil Young wandte sich grimmig ab, als die Märtyrerin ihren Auftritt beim Dylan-Geburtstag verpatzte. Keiner wollte mehr die Tränen trocknen. Bloß Kris Kristofferson, der das Elend ausnutzte und sich nun mit Sinead im Bett wälzt Siehe Video.

Eine Skandalnudel, aber eine betörende. Als irische Katholiken gegen die Dissidentin wetterten, ergriff Paddy Moloney von den Chieftains unerschrocken das Wort und nannte sie „charming girl“. Ganz recht Wir müssen uns die Eiferer bewahren, die Zornigen und Neurotischen, die Mondsüchtigen und Verwirrten. Die öffentliche Erregung und Selbstentblößung dieser Frau grenzt an heiliger Einfalt Deshalb hat Sinead O’Connor, beinahe vergessen, nun ein Mini-Album mit sechs Songs aufgenommen, das „Gospel Oak“ heißt und „the people of Israel, Ruanda and Northern Ireland“ gewidmet ist. Mehr noch als „Nothing Compares To U“ sind dies Gebete, Hymnen an die Stille, Zeugnisse von verzweifeltem Katholizismus und wahnwitzigem Solipsismus. „I am enough for myself“, singt sie zu irischem Geflöte, „I am nothing at all“ – der Selbsthaß ist schwindelerregend, die Musik reiner Kitsch, der Gesang aber rein und ohne Sünde. „This Is A Rebel Song“, ein Liebeslied: „I love you my hard Englishmen/ How

come you never said you love me.“ Die Schizophrenie verläuft schartig mitten durch dieses kleine Album, wenn Sinead in „This Is Tb Mother You“ Trost und Zärtlichkeit verspricht „Gospel Oak“ ist Mystik gewordene Hysterie. Ein Fall für die Psychiatrie? Ach nein, es ist bloß das Leben. Rave on, Sinead, rave on.

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