So Tropical :: Vom sanften Folk zum sanften R&B: nicht überwältigend, aber gut
Nach seinem Debüt „Early In The Morning“ wähnte sich der 30-jährige Ire schon in der Falle, auf der „klassischer Singer/Songwriter“ und „Folk-Musiker“ steht. Was man da macht? James Vincent McMorrow stellte die Gitarre in die Ecke, entstaubte eine alte Festplatte mit seiner „Just for fun“-Version eines N.E.R.D.-Albums, sortierte zig Soundfiles um und aus, um sich schließlich in drei Studiowochen auf der Sonic Ranch im texanischen Grenz-Kaff Tornillo auch ja nicht zu heimisch zu fühlen.
Das Ergebnis ist eine Art sanfter Post-R&B, der das gute, alte Folk-Sentiment schon noch kennt, auch eine eigene Form von Ekstase, beides nun ein bisschen neu und nach einigen Seiten offen dargeboten. Artfremde Mandolinen im Dutzend („The Lakes“) finden sich da ebenso im Repertoire wie hübsch synkopierte Beats aus einem ollen 808-Drumcomputer („Red Dust“). Und wer das stöhnend nicht mehr wirklich für Soul hält, bitte schön: Marvin Gaye hat 1982 bei „Sexual Healing“ nichts anderes gemacht.
Wie gut das auch hier gehen kann, zeigt gleich der Auftakt. Fast flüsternd schleicht sich McMorrow zu schwebenden Keyboard-Motiven in dieses „Cavalier“, baut über Handclaps behutsam ein rhythmisches Gerüst auf, um den Song dann nach fälliger Zuspitzung in wortlosem Multi-Track-Gesang zu verabschieden – sein beliebtes Stilmittel, auch mit Worten. „I remember my first love“, barmt McMorrow mit dieser fast unwirklichen (Kopf-)Stimme, die einem auch in den folgenden neun Songs weniger auf die Nerven geht, als man vermuten könnte (und dabei manchen Nerv trifft). Ähnlich schön schraubt sich „Glacier“ aus ein paar Klavier-Akkorden empor.
Die große Überwältigung à la Bon Iver gelingt McMorrow jedoch nicht, auch wenn er es nicht nur im hymnischen Titelsong schon mal darauf anlegt. Aber diese Stelle bei 2:36, wenn plötzlich nur noch diese Hawaii-Gitarre im Raum schwebt, bevor das Stück noch einmal Fahrt aufnimmt, ist super. (Believe/Soulfood) JÖRG FEYER
London Grammar