Souled American – Notes Campfire

Ende der Achtziger waren Souled American die erste Band, die gefühlvoll ausgetüftelten Slo-Mo-Country-Folk spielte. Sie tourten mit Camper Van Beethoven, beeinflußten etliche Epigonen und interessierten jedermann. Alles schien gut zu laufen, doch dann machte die Plattenfirma gerade in dem Moment pleite, als die Band ihren Schlagzeuger rausgeworfen hatte, um künstlerisch den Sprung von der unterschwellig noch immer vorhandenen 6/8-Dominanz zu einer weitgehend rhythmuslosen Country-Dekonstruktion zu wagen. Das hörte sich natürlich nicht im mindesten kommerziell an, und daher standen die Jungs aus Chicago erstmal ohne Plattenvettrag da. 1993 unterschrieben sie beim deutschen Moll-Label und führten ihre musikalischen Ideen bis in kleinste Detail fort: Die CD „Frozen“ sezierte Country-Vorlagen mit nie dagewesener Kühle und wurde somit ihrem Titel gerecht Zwei Jahre danach kommt mit „Notes Campfire“ nun ein Album, das einerseits diesem Konzept treu bleibt, zum anderen aber wieder deutlich wärmer und einladender klingt. „Before Tonight“ kommt als überraschend flotter Einstieg, wird aber mitten im Song auf das halbe Tempo zurückgefahren und mag daher als Beispiel für die Arbeitsweise von Souled American dienen. Mit „Set In“ und „Flat“ folgen zwei Stücke, deren Songstrukturen in langsamer Auflösung begriffen sind, um in Klangmalerei von nahezu überirdischer Schönheit aufzugehen. Wie Joe Adducci (Baß) und die beiden Gitarristen Chris Grigoroff und Scott Tuma ohne rhythmische Unterstützung traumhaft sicher die Töne verweben, läßt beim Hören oftmals an einen Drahtseilakt denken, bei dem trotz höchster Spannung niemals Absturzgefahr besteht. Bei „All My Friends“ kommen die Country-Sentiments, welche immer die Basis der Band gebildet haben, so deutlich zum Zuge wie lange nicht, und vor allem Grigoroffs Stimme ist anzuhören, wie sehr er es genießt, sich mal wieder in einer schnapsgetränkten Ballade suhlen zu dürfen.

Mit dieser Platte haben Souled American den Scheitelpunkt ihrer künsderischen Entwicklung erreicht Auch wenn es keine vergleichbare Band gibt, klingt das Material merkwürdig vertraut So als hätten sie es alles schon einmal gesagt – nur nicht so rund, so ausgewogen und so genau.

Mit „Notes Campfire“ – ironischerweise nach einem Song ihrer ersten LP „Fè“ (1988) betitelt – haben sie ihren Stil geschlossen, neue Ziele werden gesteckt. Wie es weitergehen könnte, wird in „Deal“ angedeutet: Die Trompetentöne haben eher atmosphärische Bedeutung, doch stellt man sich vor, daß an dieser Stelle ein an gleichberechtigtem Zusammenspiel interessierter Könner sein Instrument blasen würde, dann eröffnet sich auch nach einer solch brillanten Abschlußarbeit eine unüberschaubare Menge von aufregenden Möglichkeiten.

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