Source Code :: Bereits mit seinem zweiten Film hat Bowie-Sohn Duncan Jones eine eigene und dazu noch erfolgreiche Handschrift entwickelt.
Der effektive Kinomagier
Jake Gyllenhaal, Vera Farmiga
Regie: Duncan Jones
Als Colter Stevens (Jake Gyllenhaal) seine Augen aufschlägt, glaubt er zu träumen. Er sitzt in einem Regionalzug nach Chicago, ihm gegenüber lächelt eine junge Frau (Michelle Monaghan), die Tina heißt und ihn Sean nennt. Als er verwirrt auf die Toilette stürzt, sieht er im Spiegel ein unbekanntes Gesicht. Er sei Hubschrauberpilot bei der US-Army in Afghanistan, brüllt er noch, als eine Explosion den Zug zerstört. Doch damit ist der Albtraum noch längst nicht vorbei. Beziehungsweise: ein weiterer beginnt, als Stevens in einer dunklen Kapsel erwacht. Oder ist das am Ende gar kein Traum, sondern die Realität?
Regisseur Duncan Jones, der Sohn von David Bowie, hat seinen zweiten Film inszeniert und schon zu einer beeindruckenden eigenen Handschrift gefunden. Der einsame Astronaut in seinem Regiedebüt „Moon“, der nach einem Unfall schwer verletzt entdeckt, dass er ein Klon ist, teilt mit Stevens ähnliche Prämissen: Isolation, Verlust des eigenen Körpers und der Versuch, die Kontrolle über sein Schicksal zurückzugewinnen. Und während er mit „Moon“ den Science-Fiction-Klassikern der 60er-Jahre seine Reverenz erwies, orientiert er sich bei „Source Code“ trotz der High-Tech-Thematik ebenso stilsicher an den Thrillern der 70er-Jahre.
In der Kapsel erfährt Stevens über einen Monitor von der Offizierin Goodwin (Vera Farmiga), dass er durch ein elektromagnetisches Feld in den Körper eines Mannes transformiert wurde, der am Morgen bei einem Bombenanschlag auf den Zug starb. So soll er den Täter finden, der noch schlimmere Attentate plant. Dafür hat er exakt acht Minuten, denn nur so lange hat das Gedächtnis die letzten Erinnerungen gespeichert. Dann beginnt alles wieder von vorne.
Immer wieder wird Stevens in die Zeitschleife zurückversetzt, versucht Details zu ordnen und Beobachtungen zu deuten. Mit jedem gescheiterten Versuch, unter den Passagieren den Täter auszumachen, wird er hektischer und aggressiver gegenüber Verdächtigen. Verzweifelt hofft er sogar, die Menschen im Zug retten zu können. Doch er soll strikt dem Befehl folgen. Alles andere sei irrelevant und ohnehin nicht zu ändern, erklärt ihm der zynische Dr. Rutledge (Jeffrey Wright). Die quantenphysikalische Unmöglichkeit, aus der Vergangenheit die Zukunft zu beeinflussen, ist auch eine Metapher für den Kolateteralschaden und die ethische Frage, wie viele Opfer für ein höheres Ziel einkalkuliert werden können.
In schlanken 93 Minuten, was heute im Kino ja schon eine Seltenheit ist, erzeugt Jones eine fulminante Dynamik und Dramatik aus dosierter Action, starken Emotionen und intelligenter Spannung. Geschickt erweitert er den Blick von der Anfangssequenz im Zug über die Kapsel und den Monitor bis in die Räume der Zentrale. Zudem ist Gyllenhaal die perfekte Besetzung, ein ganz normaler Amerikaner und Soldat, keine Kampfmaschine. Pathos wird vermieden. Clever und charmant funktioniert etwa seine Liebesbeziehung zu Tina, die ihn als ihren Ex-Freund Sean sieht, aber als Stevens wahrnimmt.
Dass nicht alles plausibel verläuft in „Source Code“, geht aufs Konto der Kinomagie, die offenen Fragen am Ende verstärken das Geheimnis, das diesen Film umgibt. Duncans nur 32 Millionen Dollar teure Produktion hat weltweit rund 125 Millionen Dollar eingespielt. Damit empfiehlt er sich in Hollywood für ganz große Aufgaben. Wenn er sich treu bleibt, könnte er eine ähnliche Karriere zwischen Mainstream und Kunst machen wie Christopher Nolan. (Kinowelt/Studio Canal)
DVD und Blu-ray enthalten Audiokommentare von Regisseur Duncan Jones, Hauptdarsteller Jake Gyllenhaal und Autor Ben Ripley, dessen Drehbuch vor der Produktion lange in Hollywood herumgereicht wurde. Zudem gibt es mehrere Interviews, einen Trivia-Track, den Trailer und zwei Features über die wissenschaftlichen Theorien zum Filmthema.
Regie: Jennifer Yuh Nelson
Weniger verspielt und drollig ist die Fortsetzung. Gerade deshalb überragt sie allerdings fast das hinreißende Original von 2008. Bei seiner Rückkehr reißt der Pfau, der seine Federn als Wurfmesser einsetzt, mit Hilfe von Kanonen und Schießpulver die Macht in China an sich. Kung Fu scheint dagegen wirkungslos. Doch natürlich beugen sich der Panda Po und seine Freunde Tigress, Crane, Monkey, Mantis und Viper dem Tyrannen nicht. Mit furiosen, dennoch pointierten Martial-Arts-Choreografien, sehr hohem Tempo und atemberaubenden Massenszenen huldigt Regisseurin Nelson den Kung-Fu-Filmen der Shaw Brothers aus den 70er-Jahren und epischen Dramen wie „Tiger & Dragon“. Obwohl aufgelockert mit reichlich Humor, ist das Werk für Kinder eher zu ernst und düster. Künstlerisch war Dreamworks mit dieser Saga aber noch nie so nah am Rivalen Pixar. Extras: Audiokommentar, weitere Szenen, Making of, diverse Features. (Paramount)
Gwyneth Paltrow
Regie: Shana Feste
Country-Star Kelly (Gwyneth Paltrow) hat sich in eine Entzugsklinik begeben, nachdem sie bei einem Konzert betrunken von der Bühne gestürzt war und eine Fehlgeburt erlitten hatte. Dort blüht sie durch eine Affäre mit dem talentierten jungen Musiker Beau (Garrett Hedlund) wieder auf. Ihr Ehemann James (Tim McCraw) drängt sie allerdings, die Therapie für eine bereits gebuchte Comeback-Tournee abzubrechen. Kelly besteht darauf, dass Beau mit seiner Band im Vorprogramm auftritt. Die Erwartung, Feste würde ein bodenloses existentialistisches Drama wie „Crazy Heart“ mit Jeff Bridges gelingen, erfüllt sie nicht mal im Ansatz. Stattdessen hat sie eine melodramatische Showbiz-Kolportage aus Neid, Skrupellosigkeit, Versagensängsten, einer unerfüllten Liebe und allen erdenklichen Schicksalsschlägen gedreht. Tragisch an dem vorhersehbaren Film ist nur, dass die naiven Dialoge und schmalzigen Bilder die exzellenten Schauspieler erdrücken. Paltrow sieht nicht nur berückend aus, sie spielt auch gut und singt fast noch besser alle Songs selbst. Extras: entfallene Szenen, alternatives Ende sowie diverse Features. (Sony)
Shia LaBeouf, Patrick Dempsey
Regie: Michael Bay
Wie man Kinder mit dröhnendem Bombast, knallbunten Wunderkisten, jugendfreiem Sex-Appeal und Army-Durchhaltepathos indoktriniert, zeigen Regisseur Bay und Spielzeughersteller Hasbro auch hier mit unverfrorener Direktheit. Konnte man „Transformers“ noch als Popcorn-High-Tech-Märchen aus dem einst von Steven Spielberg etablierten Kinouniversum (Junge trifft Wesen aus dem All) durchgehen lassen, gilt die hanebüchene Materialschlacht in der Fortsetzung „Transformers – Die Rache“ selbst unter Fans als schlecht. Die Story um den wiederbelebten Sentinel Prime ist eh nur Nebensache in dieser ermüdenden Special-Effects-Schlacht. Bay bedient natürlich die Instinkte pubertärer Jungs. Aber in seiner Obsession fürs Militär und Kriegsszenen, die George Bushs Politik von der Achse des Bösen fortführen, lebt er auch eigene Fantasien aus. (Paramount)
Godard trifft Truffaut ***¿
Regie: Emmanuel Laurent
Jahrelang sollen die beiden wohl wichtigsten Regisseure des französischen Films nicht mehr miteinander gesprochen haben. Dabei standen Francois Truffaut und Jean-Luc Godard einst auf derselben Seite und hätten alleine für sich die als Nouvelle Vague bekannte Revolution gegen das Konfektionskino des Establishments so umfassend kaum vollbringen können. In seinem Doppelporträt zeichnet Laurent mit Filmausschnitten und Dokumentaraufnahmen nun nach, wie die beiden Visionäre im Ansatz zwar vereint, im Hinblick auf das Ziel aber verfeindet waren. Der sensible Truffaut wollte mehr Wahrhaftigkeit im Kino erreichen. Der radikalere Godard es in seinen Grundfesten zerstören. Dass Truffaut dann 1973 den Oscar für sein Meisterwerk „Die amerikanische Nacht“ annahm, empfand Godard als „bourgeois“. Es kam zum Bruch, bis Francois Truffaut 1984 verstarb. (Arthaus)