Spiritualized – The Complete Works No. 1 :: Metro

Wollte man das Leben von Jason Pierce verfilmen, dann käme für die Hauptrolle eigentlich nur der egozentrische Vincent Gallo in Frage. Pierce, der sich früher Spaceman nannte und den legendären Spacemen 3 vorstand, ist ein enigmatischer Eigenbrötler. Seine Musik wurzelt im lärmenden Garagenrock der Sechziger, wurde aber durch Drogenerlebnisse und religiöse Erfahrungen in unendliche, geradezu kosmische Weiten transformiert. Die Drone- und Noise-Symphonien von Spacemen 3 hat der Mann aus d-_m britischen Rugby allerdings bereits 1991 eingetauscht – gegen den bisweilen orchestralen Psychedelic-Pop von Spiritualized.

Der Bandname lässt sich mit vergeistigt übersetzen, und tatsächlich scheinen die Stücke dieser Doppel-CD zu oszillieren, zwischen schwerelosem Sound-Minimalismus und beseelt jubilierenden Gospel-Rockern. Bei den „Complete Works“ handelt es sich um Singles, BBC-Radio-Sessions und Raritäten. Das fängt an mit der ersten Single, einer Coverversion des Troggs-Stücks „Anyway That You Want Me“. Der Song klingt als wäre man nach einem fürchterlichen Besäufnis auf einer kurvenreichen Küstenstraße am Steuer eingeschlafen und erst im Himmel wieder aufgewacht. Alles ist weiß, hell, freundlich. Der Beat rockt noch, die Gitarren verzerren und dennoch herrscht Friede, und alles klingt so sanft und positiv wie eine Tüte Marshmellows. „Fee! So Sad“ – eigentlich ein Stück von Spacemen 3 ist gleich in drei komplett unterschiedlichen Versionen vertreten. Die „Glides And Chimes“ Fassung erinnert an die Sound-Patterns amerikanischer Minimalsten, nur noch sanfter.

Ähnlich magisch ist „100 Bars“: Eine Frauenstimme zählt bis hundert, während es im Hintergrund säuselt und raunt, dass es eine Art hat. Und immer wieder sorgen die Singles für gut rockende Abwechslung. „Sun“ etwa klingt wie Velvet Underground mit Düsenantrieb. Sound spielt bei Spiritualized eine größere Rolle als das Songwriting, das meist auf bewusst gewählten Zitaten basiert – alles zwischen MC5 und Sun Ra ist brauchbar. Wer das Gefühl hat, bei diesem wundervoll entspannten Album käme der Rock’n’Roll zu kurz, darf sich übrigens freuen: Noch in diesem Jahr erscheint ein brandneues „Garage-Album“.

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