Spoon – Gimme Fiction

Der arme Poet und seine Freunde – Spoon aus Austin, Texas, je nachdem, wen man fragt, eine feste Größe im Kanon oder absolute Unbekannte, die nicht mal Aussichten auf einen zumindest blaßgrünen Zweig haben. Die Band Modest Mouse, bis zum letzten Jahr ein ganz ähnlicher Fall hat mit schockartigem Erfolg vorgemacht, daß Amerika doch nicht so prinzipiell taub ist gegenüber seinen redlichen Indie-Gruppen. Und nichts spricht dagegen, daß es Spoon eines Tages auch so ergehen könnte.

„Gimme Fiction“, fünfte Platte, zeigt nämlich auch, wie weit diese Band die Ohren offen hat für die Musik Amerikas. Indie-Rock ist das mitnichten, nicht mal notorisch schrulliger Songwriter-Pop. Ein richtig gutes Tom-Petty-Album würde 2005 so klingen, „Turn My Camera On“ ist echter weißer Funk und sogar sexy, und in „They Never Got You“ zeigen Spoon, was man aus dem Grund-Riff von „Maneater“ von Hall & Oates Tolles machen kann.

Liedautor Britt Daniel präsentiert sich auf Nachfrage zwar als gewissenhaft schreibendes Wohnzimmer-Genie, aber mindestens so gut ist er als Interpret seiner Songs, als Petty/Ray-Davies-Stimme, eher zu aufdringlich als zu höflich. Der sogenannte klassische Song schwebt ja immer in Gefahr, erledigt zu sein, wenn der Hörer ihn erstmal ganz begriffen hat – Spoon dagegen sind eine Band der Texturen. Allein, wie das Piano die Baßläufe spielt, nach denen HipHop-Produzenten händeringend suchen, und wie in „Was It You?“ aus schlüpfrigen Gitarrenfingern und undefinierbaren Jenseits-Geräuschen ein gruseliger Drive entsteht.

Sie sollen den Jingle-Jangle-Hit „Sister Jack“ an alle College-Radios schicken, sich zum Teetrinken zurückziehen und abwarten. Ach, sie warten schon so lange? Egal, wieder eine tolle Platte.

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