Sportfreunde Stiller – Die gute Seite
Ach, es war ja ein Kreuz mit den Sportfreunden Stiller. Das erste Album hatte sich nicht gerade sensationell verkauft, also spielten sie unermüdlich Konzerte, nahmen jede TV-Einladung an und riefen ein ums andere Mal ihr verschwitztes „All die wunderbaren Jahre“ in die Mikrofone. Oft keimte der Wunsch, die Band hätte den zweiten Teil ihres Namens wenigstens gelegentlich etwas ernster genommen.
Doch nach abgeschwollener Reizüberflutung kann dem neuen Album durchaus einiges an Sympathie abgewonnen werden. Das Eröffnungsstück „Wie lange sollen wir noch warten“ ist in Zeiten des unerträglichen Asservatenkammerpunks der Toten Hosen erfrischend ehrlich und unbekümmert. Auch „Komm schon“ ist absolut gut gelaunter Frischwärtsrock. Wenn, um Gottes Willen, nur der Text nicht wäre. Sänger Peter möchte nämlich „all die Sachen, die die wilden Rocker machen“, auch einmal erleben. Die ehrbare Lindenberg-Schule, sie hat tatsächlich noch ihre Anhänger. Überhaupt krankt die Platte gelegentlich an manch frevlerischer Dichtung. So sollen Damen mit Sätzen wie „Wenn man so will, bist Du meine Chill-out-Area“ in die Kajüte gelockt werden. Unumstrittener Höhepunkt hierbei: „Du bist meine Süßwarenabteilung im Supermarkt.“ Das ist dann leider die weniger ehrbare Mike Krüger-Schule und im Gegensatz zum Songtitel gar kein „Kompliment“. Aber machen wir das Päckchen mit den Pluspunkten auf. Erstens: Die Gruppe bleibt bei ihren Leisten. Die Sportfreunde sind nun einmal mehr Rotwein konsumierende Studenten denn teenage dirtbags. Deswegen gehen die Texte bei allerlei gelegentlichen Seichtigkeit trotzdem noch in Ordnung. Belangloser Freimut ist akzeptabler als künstlich gestelzte Tiefe. Zweitens: Die Platte ist schnörkellos und ohne schwartigen Pomp produziert. Und schließlich können die drei Herren noch ein Talent für recht nette Grölmelodien ihr Eigen nennen. Was bleibt, ist freundlich stimmender Dosenpils-Rock für die Generation Golf, die mit der alten Losung „Porsche, Genscher, hallo HSV“ nichts mehr anfangen kann. Oder mit den Düsseldorfern (und den notorischen Toten Hosen gar!).