Sportfreunde Stiller – La Bum :: Die intelligenten Bayern spielen sich zurück in die Schule
Da haben wir das Problem, zum Bleistift: Natürlich meinen die Sportfreunde Stiller das hier nicht ernst. Diese drei jungen Bayern sind doch so intelligent und lebenstüchtig, dass sie sich erst umständlich dumm stellen müssen, um eine solche Kinderplatte zu produzieren. In über sieben Jahren haben sie uns ja zur Genüge eingebläut, wie viel lustige Distanz sie zu sich selbst haben, was für liebenswerte Amateure sie sind, zum Donner, und wie ahnungslos sie 2006 in die Sache mit der Fußball-WM hineingetapst sind. So ungewollt sei die plötzliche Popularität, dass sie ab sofort nie mehr Fußball-Lieder machen wollen.
Die Wette gilt! Und den Spaß wollen wir ihnen und ihrem bis zur Todesverachtung begeisterungsfähigen Publikum keinesfalls verderben. Niemand würde glauben, dass die Sportis Vokabeln wie „Blockade“ und „Niveau“ wirklich nicht verstehen, wie sie im Anti-Fremdwort-Lied „Alles Roger!“ behaupten. Keiner würde unterstellen, dass „995er Tief über Island“ eine heimliche Kopie vom „Westerland“ der Ärzte ist oder dass man Textzeilen wie „Ich will mich mit dir vermengen“
als Reim auf „Grenzen sprengen“
sonst nur im Begleitprogramm von Landhochzeiten hört.
Was an „La Bum“ trotzdem besonders ist, deutet der Refrain von „Mo(nu)ment“ an, einem Song, der zum Grölen bei FUSSBALLSPIELEN wie gemacht zu sein scheint: „Das bleibt für immer!“ Wenn die Sportfreunde über Freundschaft und Liebe singen, wirkt das zuerst, als wäre es sehr wohl verbindlich und aufrichtig gemeint – so wie Hans Rosenthal am Ende von „Dalli Dalli“ immer eanz ernst wurde, wenn er vom mildtätigen Zweck der Sendung erzählte. „Ich entzünd in deinem Herzen 1000 Wunderkerzen“, gesungen mit diesem vorgeschützt naiven Ich-nehme-alle-Dinge-wie-sie-sind-Ausdruck, das finden Mädchen total echt, da können aber Freibad-Burschen trotzdem drüber lachen. Jede Sentimentalität wird durch ein clowneskes Wortspiel abgesichert, bis die Liebe wie der Dialog zwischen einem Frosch und einer Handpuppe klingt. Oder als ob die Partnersuche nach denselben Regeln funktioniert wie das Wählen von Mannschaftskameraden im Sportunterricht. Wie die sie hier die Brüchigkeit moderner Beziehungen zeigen: alle Achtung.
Aber nun ja – Tel Aviv! „Legenden“, ein unvorstellbar pathetischer, das Publikum aufs Angenehmste unterfordernder „Heyjude“-Abklatsch, eignet sich dann wieder hervorragend zum gemeinsamen Singen im FUSS-BALLSTADION oder nachts auf Klassenfahrt. Dann macht man die Augen auf, und der berühmte Albtraum ist endlich wahr geworden: Ja. Wir sind wieder in der Schule.