Stadt der kleinen Lichter

„Stadt der kleinen Lichter“ von Patrick Neate beginnt wie eine mutwillige Raymond-Chandler-Persiflage im Stile Leo Malets, bekommt dann aber noch ein paar Ernstebenen eingezogen: Tommy Akhtar, private eye und Ich-Erzähler, modifiziert das Stereotyp zunächst durch seine Herkunft. Als Sohn eines vor den Häschern Idi Arnins flüchtenden „Uganda-Inders“ wächst er in London auf. hat die notorischen Assimilationsprobleme. Dann stirbt seine Mutter, die Familie zerbricht, und er flüchtet vor seinem Identitätskonflikt in den Krieg, schließt sich den Mudschaheddin in Afghanistan an, und dort erlebt er das, was Menschen anderen Menschen antun können. So ein Marlowe-Wiedergänger braucht ja eine Vorgeschichte, die ihn richtig hartkocht.

Aus dem unreflektierten Idealisten wird der Pragmatiker, der Moralist im Kleinen, der den Menschen grundsätzlich mißtraut, dem ganz egal ist, was die Leute glauben, weil er sie nur nach ihrem Handeln beurteilt. Eine solche Attitüde prädestiniert ihn natürlich für die begrenzten und sisyphoshaften ethischen Begradigungen des Detektivs. Und so einer taugt auch gut zum Ideologiekritiker. Folglich gibt es nicht nur eine Menge Sprüche, sondern auch einige nützliche Einsichten, wenn Neate seinen Helden in einen neuerlichen „Krieg“ schickt, den „Krieg gegen den Terror“: Tommy bringt im Verein mit seinem alten Herrn den ganzen US-Phrasenballon zum Platzen. Nur die Pointe des Buches, wonach der gesuchte „Terrorist“ vom amerikanischen Geheimdienst unterstützt wird, weil dessen dilettantische Bombenlegerei den innen- wie außenpolitischen Interessen zuarbeitet („Alle sollen Angst haben“), ist dann fast etwas zu plakativ für diesen schnellen, komischen, eloquenten Agitprop-Krimi. (17,90 Euro)

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