Steinbruch Kurzbesprechungen

Von Design und Sound wissen die beiden österreichischen Terroristen des Duos REVOLTER alles: Jedes Logo, jedes Symbol, jeder Knalleffekt stimmt hier. Ironisch haben sie auf dem Cover von „Datamerica“ (BMG Ariola) ein Reklame-Idyll abgebildet, und auch ihre brutal entmenschten Techno-Industrial-Hymnen provozieren mit der Brechung von Klischees der Religion, des Hollywood-Films und der Auswüchse derlndustrialisierung im Endstadium. Cherubin und NMI, so die Decknamen der Täter, arbeiten schon für die Zeit nach dem Zusammenbruch – oder darauf hin. 3,0

PIZZICATO PIVE in a sentimetal mood: Da reimt sich „Cornflakes“ auf „Snowflakes“, und Mastermind Yasuharu Konishi, sonst kein Mann für das Besinnliche, schreibt ein Lied für seine kleine Tochter, die bei der Ex lebt: „To Our Children’s Children’s Children“. Höhepunkt des melancholisch rockenden Mini-Albums „Sister Freedom Tapes“(Matador/RTD) ist „Chicken Curry“, Kammermusik als Sitar-Träumerei. 3,0

Mit den alten MEN THEY COULDN’T HANG hatte man nicht unbedingt mehr gerechnet. Auf „Never Born To Follow“ (Demon/Edel Contraire), dem nach einem Countryesken Goffin/King-Cover betitelten Comeback auf ihrem alten Label, reichen die Briten nach wie vor anständigen Folk-Rock: keine Hip-Preise, aber auch wenig Patina. Nur die Extraportion Polit-Pathos („Our Day“) stößt unangenehm auf. 3,0

„Rocking Horse Head“ (ARIS) gehört zweifellos zu den besseren seiner acht Alben, die STEVE FORBERT im Laufe einer fast 20jährigen Karriere zustande gebracht hat. Was zum einen an den Wilco-Leihgaben Ken Coomer und Max Johnston liegt, die sumpfigen R&B und sensiblen Country-Folk mit viel Leben füllen. Zum anderen gewiß daran, daß der Mann mit der schönen Raspel-Stimme seinen humorvollen, beseelten Fatalismus in feinen Songs gleich am Stück strahlen läßt. 3,5

Comebacks, auf die niemand gewartet hat: THE POWER STATION – Duran Duran plus Chic plus Robert Palmer wollen uns eine Dekade nach „Some Like It Hot“ mit schmierigem Adult-Rock-Funk noch einmal das Fürchten lehren. Doch das neue Album „Liring In Fear“ (EMI) interessiert bestenfalls als Chronistenpflicht und musikalisches Vermächtnis: Es sind die letzten Aufnahmen von und mit Produzent und Bassist Bernard Edwards, der unmittelbar danach verschied. 1,0

Kaum zu glauben, daß CLIVE GREGSON mit Any Trouble als heißer „New Wave“-Act galt. Larmoyant und musikalisch eher bieder rekapituliert der britische Songwriter heute auf JLove This Town“ (Demon/Edel Contraire) „My Brilliant Past“ im allgemeinen und an die Wand gefahrene Liebschaften im besonderen. Ex-Gefahrtin Christine Collister wird dabei als Vocal-Gegenpol schmerzlich vermißt. 2,5 Schweden ist eine große POPNATION, und „Blekingska Nationen“, wer wußte das schon, ein Studentenclub in der Studentenstadt Lund. Was immer der Verein in den letzten 200 Jahren gemacht hat – seit zwei Jahren organisiert er Konzerte. Auf dem Sampler „Best OfBlekingska Nationen 1994-1996“ (Beat That!/Dogondke) sind die schönsten Momente zusammengefaßt. Auch wenn die Schweden Sonic Youth nacheifern – es klingt immer nach Puppenstube. Und die inzwischen berühmten Cardigans sind hier nicht die einzigen Großtalente. 3,5

Für allen Zeiten Gott: Seit jeher schlagen sich LAIBACH mit einer ganz speziellen Ikonographie eines Pop-Gottes herum. Mit Pressekonferenzen, diversen Alben und dem eindrucksvollen Film „Sieg unter der Sonne“ versuchten Laibach ihre Vorstellung samt Hirschgeweih tragenden Heiden mit knallgelben Brunhilde-Zöpfen zu etablieren. Auf Jesus Christ Superstar“ (Mute/Intercord) zeigen die Slowenen jetzt einmal mehr, daß ihnen dabei nichts peinlich ist: Gott 1996 ist ein röhrender Mann, der in kargen Hallen thront, mal Prince covert und Heavy-Metal spielt. 1,0

Ihr Debüt-Album widmeten Yuka und Miho alias Cibo Matto dem Essen. Der dort zu hörende Spacy-Bossa-HipPop war zwar süß, aber nicht sättigend. Nun haben sie Russell Simins, den Drummer der Blues Explosion aufgegabelt – und als BUTTER 08 schraddeln sie auf dem gleichnamigen gewaltig los (Grand Royal/Semaphore). Weirdo-Pop, Noise, Keyboard-Einsatz von Sean Lennon, Punk und Krimi-Melodien. Dazu eine Hommage an Bryan Adams: „The Butter Of 69“. 3,0

TRAVIS TRITT laviert seit sieben Jahren zwischen den dubiosen Vergnügungen New Country und Südstaaten-Rock. In den Produzentensessel für „The Restless Kind“ (WEA) hat der Mann aus Georgia nun den nimmermüden Don Was gesetzt, doch geht dieser Schachzug eher zu Lasten des Southern Boogie. Was bleibt, ist gediegener Country, mal kernig wie gehabt, mal an der Grenze zum Kitsch. 2,0

Tapfer trabenden und bisweilen manierlich galoppierenden Rockabilly-Swing präsentieren RUSTI STEEL & THE TIN TAX, ebenfalls aus England, auf ihrer LP „Railroadin‘ Rhythm“ (Be Be’s Records, Am Echterpöhl 5, 33619 Bielefeld), die ausschließlich mit Röhrengeräten aufgenommen wurde und nicht nur klanglich überzeugt. Hank Williams‘ „Moanin‘ The Blues“ wird einem Bop-Treatment unterzogen, und Carl Perkins‚ „Honky Tonk Ga!“ fegt beschwingt über das Parkett. Really nice. 3,5

Während sich die meisten Revival-Bands damit begnügen, adäquater Abklatsch ihrer Heroen zu sein, interpretieren die ZIMMERMEN aus Oxford und äffen ihren Meister nicht nach, nicht einmal dessen leicht zu kopierenden gesanglichen Eigentümlichkeiten. Ein Dutzend selten live gehörter Bobsongs, erfährt so auf „The Dungeon Tapes“ (ARIS) eine respektvolle, kompetente Pub-Rock-Deutung. 3,0

Der Poseur Glenn DANZIG war amüsant, er ist es nun nicht mehr. „Blackacidevil“ (Polydor): nur noch eine schwarze Lärmmesse. 1,0

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