Steinbruch Kurzbesprechungen

Zuviel Gefühl diesmal. Während er auf „Lagoon Blues“ noch Tom Waits mit David Sylvian versöhnte und New Orleans in Schottland verortete, hat Chris Thomson alias THE BATHERS nun das Maß verlassen: Tiefstimmig brummelt der Hochländer zerquälte Lyrik, die Streicher sülzen zäh, dazu trällert Liz Fräser exaltierte Operngesänge. Mit „Sunpowder“ (Marina/ Indigo) feiert Thomson die Schönheit und den Schmerz um ihrer selbst willen: „The dream is over long live die dream!“ hat er dem Reigen als Motto vorangestellt. Purer Asdietizismus. 2,5

THE RAPIERS haben gewiß schon bessere und vor allem besser produzierte Alben gemacht ab „Los Rapiers“ (Fury), doch bleiben sie von den vielen (meist britischen) Instrumental-Combos, die ihre Inspiration vom ewigen Dreigestirn Shadows-Tornados-Ventures beziehen, die fähigste, weil sie mit Understatement spielen, einen feinen Sinn für Humor haben und für zeitlose Eleganz. Für „Breakfast At The Ace“ müßte sich selbst Hank Marvin nicht schämen. Ace! 3,5

SIXTY SIX aus Dallas huldigen mit ihrem Debut-Album “ Texas 66″ (Steve) dem kürzlich verstorbenen Ausnahme-Gitarristen Danny Gatton, nennen ihre Songs stilsicher „Killed An Angel“ und „Ultra Texan“, investieren in ihren No-Nonsense-Roots-Rock auch live Leibe und Seele und haben nur ein Problem: Es gibt in ihrem Teil der Welt bereits eine Menge ähnlich klingender, ähnlich motivierter Bands. Zuviel Telecaster-Konlcurrenz verdirbt das Geschäft. 3,0

RUSS TAFF kann auf „Winds Of Orange“ (Reprise) mit erstklassigen Musikern wie Willie Weeks und Jerry Douglas aufwarten, hat mit Randy Scruggs einen gewissenhaften Produzenten an seiner Seite und mit den zur Hälfte selbst verfaßten Songs brauchbare Vehikel für seinen allerdings reichlich schmachtenden Gesang, so zwischen Vince Gill und Dan Fogelberg. Harmlos, aber nett. 2,0

CHRIS KNOX ist trotz einer Vielzahl kommerzieller Fehlschläge nicht unterzukriegen. Ein Stehaufmännchen oder, wie der Pressetext seines Labels selbstironisch meldet, „the man who just doesn’t know when to stop!“. Der quirlige und quengelnde Rinky-Dink-Pop von „Songs Of You & Me“ (Flying Nun/RTD) trübt die Sinne, wann immer das Zitatenkästchen geöffnet wird und etwa eine Tasse McCartney-Sirup ausläuft und die Gehörgänge verklebt „Young Female Caucasian“ ist das andere Extrem, fesselnd und peinigend und ganz schön irritierend. 2,5

Man kennt das ja: Drei Twens setzen alles auf ihre blonde Frontfrau und dann gibt’s Trashpop und melodiöses Gekeife satt. Fisch, Heisch, Pop, Punk, alles auf einmal und doch nichts richtig. THE MUFFS sind aus Kalifornien und ihre Frontfrau riskiert auf „Blonder And Blonder“ (WEA) eine dick geschminkte Lippe. Der Mut, einen Song über die magische Zweieinhalb-Minuten-Dauer zu prügeln, stirbt in schneller Schönheit alles ist gesagt, gespielt und geschrien sowieso. Was bleibt, ist die stoisch-freudlose Erwartung der nächsten Band dieses Genres. 2,0

GEORGE THOROGOOD ist ein Arbeiter an den Saiten. Völlig klar, daß sein Live-Album „Let’s Work Together“ (EMI) betitelt ist. Gemeinsam mit seinen Destroyers krempelt er die Ärmel hoch und dann wird gerockt Blues- und Rock & Roll-Klassikern wird kompetent schwitzend zu Leibe gerückt, Chuck Berry, Bo Diddley oder Hank Williams müssen ebenso herhalten wie einige Eigenkompositionen. Natürlich unspektakulär, aber stets voll im Takt. 2,0

In Beverungen ist das umtriebige Glitterhouse-Label beheimatet. Nun liegt mit dem Sampler SILOS AND UTILITY SHEDS (EFA) ein repräsentativer Überblick über das Programm vor. Unzeitgemäß und deshalb unkündbar groß regiert dort die exessive Langsamkeit, die für die Transparenz der Idee bürgt Da gibt es einen Singer, eine Klampfe und vor allem einen Song. Wer Country oder kruden Lagerfeuerfolk nicht mag, der mag auch diesen Sampler nicht, muß sich aber auch den Vorwurf gefallen lassen, nichts von der Welt zu verstehen. 3,5

Viele Jugendliche unterliegen dem Irrtum, sie könnten ihr Generations-Dementi am besten mit der Gitarre artikulieren, indem sie Bands wie Nirvana, Dinosaur Jr. oder Pearl Jam nacheifern. Zu kurz kommt dabei stets die Einsicht, daß diese Bands ihre anfängliche Vitalität aus einer Ignoranten Einzelgängerhaltung bezogen, nichts gräßlicher fanden als kesse Epigonen. Trotzdem haben SCARCE ihr Debüt „Deadsexy“ (Polydot) aufgenommen. Den Grund dafür behielten sie für sich. 1,5

WIGLAF DROSTE kann zwar besser schreiben und lesen als singen, doch hielt ihn dies nicht davon ab, sein Live-Album „Die schweren Jahre ab dreiunddreißig“ (FSR) mit einigen Liedern zu veredeln, die er gemeinsam mit seinem Freund und Weggefährten Funny van Dannen hinreißend interpretierte. Zwischen Alltagspolemiken, sezierenden Bestandsaufnahmen und Überlebenstips machen sich diese Chansons gut über Nana Mouskouri, Aquarelle und Naturfilme wird in diesem Land immer noch zu wenig gesungen. Schlimm geriet allein das Dylan-Cover „Muse feife inne Wind“. 3,5

Walter Salas-Humara ist unbestritten einer der unterhaltsamsten Entertainer unserer Tage, doch in puncto Werkpflege ist er eher ein Spaßvogel. So enthält „Ask The Dusk“ (Normal/Indigo) von THE SILOS / WALTER SALAS-HUMARA doch zehn Songs, die schon auf „Lagartija“ erschienen sind, und derer acht (zum Großteil dieselben wie auf besagter Platte) gab’s schon auf „About Her Steps“. So gut die Songs sind, so eigentümlich aber ist die Veröffentlichungspolitik. Ist es das kubanische Erbe? 2,0

Kann eine Stimme aus der Mitte der Engel der Musik des Teufels anheim fallen? Eine berechtigte Frage, wenn man hört, wie sich AARON NEVILLE auf „The Tattoed Heart“ (Polydor) durch Diane-Warren-Mediokritäten und allerlei Arrangement-Schlock kämpfen muß, um mit Black-Eyed-Country, Dixie-Funk und Bill Withers („Use Me“) doch noch Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Selbst hinter dem größten Kitsch lauert manchmal noch eine Wahrheit 2,5

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