Steve Winwood – Junction 7
Vielleicht sollte man bei einem Album, dessen Songs „Real Love“ oder „Someone Like You“ heißen, die Hoffnung auf Spannendes gleich schon mal drosseln. (Die Texte, so wird sich zeigen, sind wie die Titel) Ein bißchen gespannt sein konnte man ja – nicht wegen Winwoods langweiligem letzten Solo-Werk „Refugees Of The Heart“ von 1990), sondern nach der gelungenen Traffic-Reunion mit Jim Capaldi vor drei Jahren. Vielleicht und andererseits hat sich Steve Winwood in den 60er, 70er und 80er Jahren auch genug um Rock, Pop, Soul verdient gemacht, als daß man fordern dürfte, er solle sich in den 90er Jahren nochmal neu erfinden. Ist doch wahr – es müssen ja wirklich nicht alle alten Herren zwecks Hipness auf einmal die Kreuzung von Dancefloor und Rock entdecken. Tja.
Aber dann klingt „Junction 7“ doch noch ein Stück angestaubter, als man für möglich gehalten hätte. Narada Michael Waiden hat produziert und mitgeschrieben; mag sein, daß Winwood dessen Jazz-Credits spannend fand, aber trotzdem denkt man beim Hören als erstes (und als zweites und drittes) nur an Waldens andere Seite: Whitney Houston. V>m Drum-Progratnming über die Frauenchöre bis zu den Single-Note-Gitarren: 80er Jahre durch und durch, auch wenn Lenny Kravitz seine Hippie-Gitarre vorbeiträgt und Des’ree samten duettiett.
Just Wanna Have Some Fun“? Hätte bestens auf die vorvorvorletzte Platte von Aljarreau gepaßt „Real Love“? Banalschmalz, der schon den Breitwandgesang von Frl. Whitney brauchte, um wenigstens vorübergehenden Kitzel zu verschaffen. Natürlich ist Winwood nach wie vor ein frappant guter Instrumentalist und Sänger; jeder kurze Griff in die Hammond-Tasten, jedes kleine viertaktige Gitarrensolo demonstriert den traumwandlerischen Instinkt und die Musikalität eines Mannes, der schon bei der Spencer Davis Group ein lojähriges Wunderkind war, ein „Pop-Mozart“, ein bis zur Schrulligkeit spielbesessener Musik-Monomane. Da hat natürlich auch diese Platte ihre Momente, vor allem in den sparsamer arrangierten Stücken. „Fill Me Up“ – witzig-poppiger Funk; „Gotta Get Back To My Baby“ – mit kubanischen Gästen ein angenehmer Latino-Ausreißer, und Sly Stones „Family Affair“ mit Nile Rodgers an der Gitarre eine hübsche Disco-Stilübung à la Chic.
Winwood hat den SouL Und die Stimme. Und den Groove auch. Gepachtet. Geschenkt. Aber das bewahrt die Songs nicht davor, höchst durchschnittlich zu sein; und der Sound – naja, wie gesagt Ist das Meckern ungerecht? Sagt es weniger über die Platte und mehr über einen Zeitgeist, für den die 60er und 70er Jahre heiß sind und die 80er Jahre pfui? Sowohl als auch und beides zugleich, aber ungerecht ist das nicht.
So ist das in der Popmusik. Da kann man zur falschen Zeit das Falsche machen. Vielleicht sind Platten wie diese in zehn Jahren wieder gefragt. Bis dahin halten wir uns an „Back In The High Life“.