Steve Winwood – Nine Lives :: Verlässliche Songs des großen britschen Soul-Organisten

Die Texte seiner Songs gaben oft Anlass zur Verwunderung. Wie viele Musiker, denen es an Poesie gebricht, sang Steve Winwood die Lyrik von Wortschmieden. Nach und neben der Arbeit mit Jim Capaldi war es viele Jahre der undurchdringliche Will Jennings, der so rätselhafte und großartige Stücke wie „It Was Happiness“, „Night Train“, „Big Girls Walk Away“ und „Talking Back To The Night“ schrieb und die meisten der eingängigen Liebestexte von „Back In The High Life“, Winwoods letzter großer Hit-Platte. Zuletzt, auf „About Time“ (2003), vertraute Winwood – neben anderen Autoren – seiner Frau Eugeniadie Aufgabe an. Worüber würde der Musiker schreiben, wenn er schreiben würde? Klimakatastrophe, Krieg im Irak, Flug zum Mars, die Sechziger?

Der Songdichter Peter Godwin hat für „Nine Lives,“ Verse verfasst, die man – trocken gelesen – nicht spontan mit Winwood verbindet: „Sad old man smiling with a shameful grin/ He thinks that we never can lose/ Never beat the dealer when he cuts the pack/ First back to front, then deal front to back“ —- je nun. Wie singt man überhaupt dergleichen, ohne sich zu verschlucken? Bei „I’m Not Drowning“, dem ersten Song, spielt Winwood nur Gitarre, die anderweitig wieder von Jose Pires de Almeida Neto bedient wird. Karl Vanden Bossche klöppelt unnachahmlich die Percussion, Paul Booth spielt Flöte und Saxofon. Und Winwood lässt die Hammond-Orgel perlen. So wirkt auch ärgerer Kitsch als „Hungry Man“ wie ein Soul-Wunderwerk.

Kurzum, die Platte fließt ohne Schnickschnack dahin, Winwood singt wie ein Gott (der andere Gott, sein alter Weggefährte Eric Clapton, spielt beim ausufernden „Dirty City‘ ein wahrhaft erregendes Solo), Latin und Funk verschmelzen unter dem Diktat von Orgel und Schlagwerk. Das gemütvolle „Fly“ klingt wie ein Hybrid aus „Little Wing“ und „Sexual Healing“, „We’re All Looking“ ver‘ strömt den simplen, wirkungsvollen Schamanen-Groove, und „At Times We Do Forget“ ist mit nervösen Gitarrenkadenzen und Flöten-Inferno so guter Winwood, dass selbst Paul Weller ihn nicht nachmachen könnte.

Noch immer glaubt man gern, dass die Geheimnisse von Steve Winwoods Musik in dieser selbst liegen — wer immer die Worte dafür schreibt. Kein anderes Bier.

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