Take Me To The River: A Southern Soul Story 1961-77 :: Erquickliche Anthologie mit Klassikern und Raritäten des Genres
Einer von diesen Jungs aus dem Süden, von denen Kate McGarrigle so schwärmte („Southern boys are warm and lovely…“) und sich ganz fasziniert zeigte („I get knocked right off my feet/ When I hear that Southern drawl“) war ihr Angetrauter Loudon Wainwright, geboren in Chapcl Hill, North Carolina, ja auch. Vielleicht meinte sie aber auch bei „Southern Boys“ speziell jene großen Soul-Sänger jenseits der Mason-Dixon Line, die berühmt wurden für ihre so restlos überzeugend vorgetragenen Lieder über die Liebe und das damit öfter verbundene Herzeleid: James Carr, Otis Redding, Clarence Carter, Eddie Hinton und andere, die ihrem gefühlten Blues eine ganz eigene Form gaben.
Dieser Southern Soul klang oft weit schwermütiger als das, was die Brüder und Schwestern in Detroit oder New York sangen. Das war dann schon eine sehr richtige und konsequente Entscheidung, als die Herrn Ertegun und Wexler die neu von ihnen verpflichtete Sängerin nicht im eigenen, sondern einem der besten Studios des Südstaaten-Soul in Alabama produzieren ließen. Die Mannschaft, die Aretha Franklin in den Muscle Shoals Studios begleitete, war zwar durchweg von weißer Hautfarbe, aber mit wie viel Soul sie sogar prominente Kollegen anzustecken verstand, beweist nicht nur das Solo, das Eric Clapton bei der Session zu Arethas „Good To Me As I’m To You“ spielte (eines seiner denkwürdigsten allemal), das hört man auch jederzeit bei den Aufnahmen, die Boz Scaggs als sein Solo-Debüt für Atlantic ablieferte.
Anders als bei Motown, war niemand in den Studios im Süden mit dem programmatischen Anspruch angetreten, den „Sound of Young America“ zu liefern. Ein berühmtes Lied über Untreue schrieb dort Marvin Gaye bekanntlich auch. Aber gegen eines, das Schuldgefühle so auf den Punkt brachte wie „Dark End Of The Street“, hätte Berry Gordy mit größter Wahrscheinlichkeit sein Veto („Müll!“) eingelegt. Klassisches Teenybopper-Material war das, was die klassischen Southern Soul anbietenden Labels produzierten, auf gar keinen Fall.
Erfolg hätte fünf Jahre vorher beinahe Rick Hall und sein Studio ruiniert. Sein Kumpel (auch Angestellter) Arthur Alexander hatte dort 1962 „You Better Move On“ für Dot aufgenommen und war damit schlagartig so berühmt geworden, dass es ihn im Gefolge dieses Hits samt mehreren Begleitmusikern ins prosperierende Nashville zog, wo das größere Geld lockte. Für dieses Set wählte man mit „Go Home Girl“ einen der besten und meistgeliebten Songs seiner später eher unglückseligen Karriere aus. Auch der bekanntlich ohne jegliches Hit-Potenzial für die Konkurrenz bei Motown, weil das Lied davon erzählt, warum er allen eindeutigen Avancen zum Trotz seinem besten Freund nicht die Freundin ausspannen mag.
Hier findet man, bestens kommentiert, die üblichen Verdächtigen, die Bekanntesten wie William Bell, Aretha Franklin, Otis Redding oder Al Green mit zwei, die meisten mit nur einer Aufnahme vertreten, weil das Set mit drei CDs nur „A“und nicht „The History“ der großen Jahre des Südstaaten- Soul sein kann und will.