Television Personalities – And Don t The Kids Just Love It
Sechs Neuauflagen vom legendären Part-Time-Punk Dan Treacy.
Klar war das ein Grund zum Freuen, als Dan Treacy Anfang des Jahres mit dem ersten neuen Album seiner Television Personalities seit 1998 herauskam. Aber ganz ehrlich: Vermisst hatten ihn höchstens ein paar Indie-Heads. In einem seiner besten Lieder hat er 1980 darüber fantasiert, wie er Syd Barrett in dessen Versteck am Waldrand besucht und Tee mit ihm trinkt – einen vergleichbaren mythischen Rang hat Treacy selbst nie erreicht.
Dafür hat er zu wenig Platten gemacht, die so gut sind wie die Geschichten, die es über ihn zu erzählen gibt. Das langjährige TVPs-Label Fire Records hat nun einen Deutschlandvertrieb, daher sind jetzt die sechs ersten Alben bei uns auf CD erhältlich – das Debüt „And Don’t The Kids Just Love It“ von 1981 ist gut hörbar von einem Vinyl-Exemplar gemastert, was bei den frühen Lo-Fi-Aufnahmen freilich wenig ausmacht. „Kids“ ist zwar die am dilettantischsten produzierte, aber beste und wichtigste Platte der TVPs: Noch heute versteht man, wie eine so wacklige Band Zumutung und Erleuchtung zugleich sein konnte – wie Dan Treacy die Idee Punk einforderte, ohne Punkrock zu spielen. Seine Leidenschaften waren der Garagen- und Psych-Beat der 60er Jahre, Velvet Underground, Mod-Revival, britische Filme und Bücher: wunderbare, im Geiste der Kinks verfasste, mit spindeldürrer Gitarre begleitete und in einer Mischung aus Schüchtern- und Frechheit schief gesungene London-Studien. Das halb-instrumentale „Diary Of A Young Man“ zeigt schon die dunklen Flecken auf der Dichterseele. Erste britische Indie-Pop-Platte überhaupt.
Die bübische Unschuld verschwand mehr und mehr, das Werk der mit wechselnden Musikern spielenden Band wurde abgründig, erzählte unpathetisch von Brüchen in Psyche und Sozialleben. „David Hockney’s Diaries“ auf dem tollen „Mummy Your Not Watching Me“ (1982, 3,5) ist ein scheppernder Höllentrip mit dem quäkenden Treacy – eine niedliche, allerdings viel banalere Version desselben Songs hört man auf „They Could Have Been Bigger Than The Beatles“ (1982, 2), einer komischen Compilation aus Alternativ-Versionen und Fundstücken, die immerhin die allererste Single „I4th Floor“ enthält und Treacys Erfindungsreichtum als Do-It-Yourself-Mann dokumentiert. Zur Zeit von „The Painted Word“ (1984, 2,5) hatte er den eigenen Platz als Post-Punk-Exzentriker klar abgesteckt, machte neben umwerfenden Liedern auch vieles, das an Lustlosigkeit und Selbstbeschränkung scheiterte.
Nach endlos durchtourten Jahren kam 1990 mit „Privilegs“ (3) ein sanft dem Tagesgeschmack angeglichenes, schillernd produziertes Psychedelic-Pop-Album, weiter perfektioniert auf „Closer To God“(1992, 3). Am Gesang, an der Sehnsucht und Niedergeschlagenheit hatte sich wenig verändert.