TERRY CALLIER – Time Peace

Nur wenige werden sie vermißt haben, die Stimme von Terry Callier. Vor kurzem war sie zum ersten Mal wieder auf einer neuen Aufnahme zu hören. Auf einer Single von Beth Orton nämlich, für den Song „Dolphins“ von Fred Neil, bekannt durch Tim Buckley. Ausgerechnet: Während Buckley schon seit über zwei Jahrzehnten tot ist, dafür aber den Menschen in schöner Erinnerung, erfreut sich Terry Callier bester Gesundheit, verbrachte aber beinahe zwei Jahrzehnte in Vergessenheit. Jetzt ist er wieder da, out of the blue, und natürlich verlernt so einer das Singen nicht.

Ende der Sechziger veröffentlichte der Mann aus Chicago das Album „The New Folk Sound Of Terry Callier“. Ein schöner Titel als Programm, denn tatsächlich eröffnete er dem Folk ganz neue stimmliche Register, und seine Lyrics boten Raum für unterschiedlichste Belange. Weiße Tagträumer wie Tim Buckley oder Nick Drake standen ihm so nahe wie schwarze Aktivisten vom Schlage Gil-Scott Heron oder Curtis Mayfield, weshalb Terry Callier in wunderbarer Weltverlorenheit die Vereinsamung des Individuums beschreiben konnte, ohne daß ihm dabei die Puste für den klassischen Protestsong ausging. Sein Gesang vereinte die Gravität des Soul mit den freischwingenden Phrasierungen des Jazz. Und man darf solchen Menschen ruhig zustimmen, die Terry Caüiers „Dancing Girl“ von 1974 zum schönsten Lied erklären, das je auf dieser Welt gesungen wurde. Wie ein Tänzeln durch die schwärzeste aller Nächte nämlich klingt dieser Song.

Wiederentdeckt und reaktiviert wurde der Songwriter von Leuten aus dem Londoner Acid-Jazz-Circuit um Eddie Piller und Gilles Peterson, wo ja schon mal Tendenzen ins Geschmäcklerische aufzuweisen sind.

„TimePeace“, der ersten regulären Veröffentlichung von Terry Callier seit 17 Jahren, kann das nichts anhaben. Die Arrangements entsprechen dem (gehobenen) Standard der Neunziger, aber die Stimme ist weiterhin über alle zeitlichen Kategorien erhaben.

Die Gitarre natürlich auch. Höhepunkt des Werks ist das „Love Theme From Spartacus“, jene instrumentale Filmmelodie, die vor allem in der Variante des Flötisten Yusuf Lateef für Furore gesorgt hat, hier aber durch die idiosynkratische Interpunktion des Amis auf der Akustischen und durch die hinzugefügten Lyrics vereinnahmt. Das Hinzufügen und Wegnehmen ist für Terry Callier natürlich eine gängige Methode, weshalb er eine ganz eigene Version von Curtis Mayfields „People Get Ready“ zur Aufführung bringt. Vom Jazz kennt er die Möglichkeiten der Improvisation, und zum Schluß dieses wunderbaren Albums, in „TimePeace/ No One Has To Teil You/ Build A World Of Love“ (auch selten, solche Titel), führt der 46jährige einen Dialog mit dem legendären Tenor-Saxophonisten Pharoah Sanders, auch dieser Routinier natürlich ein Geistesverwandter.

Der Protestsänger Terry Callier macht Ernst mit seiner Forderung nach Freiheit. Keine Ahnung, ob sich aus Liebe eine Welt bauen läßt. Aber Raum und Zeit und Schmerz – bei ihm lösen sie sich auf.

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