The Band – Jubilation
Dreißig Jahre „Music From Big Pink“: So aktuell wie lange nicht mehr strahlt das ebenso betitelte Debüt von The Band – ein zeidoser Jungbrunnen für alle, die sich heute ohne Depressionen auf den Weg zurück machen wollen. Sinnig verstärkt spinnt derweil eine Rumpfbesetzung den Faden weiter. Levon Helm ist von Krankheit schwer gezeichnet; Garth Hudson schmiegt seinen weißen Rauschebart ins Akkordeon; Rick Danko grinst inzwischen so schief wie Peter Maffay. Aber besonders hip waren sie ja noch nie.
Während Richard Manuel nach seinem Freitod längst von Wolke 7 grüßt – und Robbie Robertson auf modischen Seifenblasen zuletzt zunehmend ins Rutschen geriet -, stehen die drei verbliebenen „Originalmitglieder“ von The Band schlechthin knorrig wie ein Trio Eichen in Woodstock herum. Und besingen gleich zum Auftakt des zehnten The Band-Albums wehmütig ein Buch, dessen Seiten sich längst
braun verfärbt haben. Das aber immer noch – oder gerade deshalb? – Blumen zum Singen bringen kann.
Natürlich geht es hier auch um Nostalgie und eine Prise Kulturpessimismus. Natürlich feiern sie dem Titel entsprechend auch ein bißchen. Und ja auch nicht ganz grundlos. Ihrem ersten Arbeitgeber stellen sie einen flotten „White Cadillac“ vor die Tür (nicht Bob Dylan natürlich, sondern Ronnie Hawkins); dem „Last Train To Memphis“ – eher Dampflok als ICE – steigt Eric Clapton zu (verzichtbar); und Gast John Hiatt knarrt sich durch seine eigene Komposition, das fatalistisch- frohgemute „Bound By Love“.
Aber es geht hier auch ganz einfach um stilvolle Kontinuität Mindestens drei Songs dürfen notiert werden, die das Verdikt von Greil Marcus (der für die Linernotes die sanftmütige Edelfeder gibt) erfüllen, wonach diese Musik zugleich „alt“ und dabei doch „ungehört“ (und auch unerhört) sei. Da ist ein mythischer Veteran mit dem schönen Namen Charlie Hawke, der zwar dem Jüngeren „Don’t Wait“ empfiehlt, aber den Weg nicht wirklich weisen kann („But dien he smiled he let me go. And in that space lies all the things Fll never know…“). Da ist die rollende Apokalypse eines „Kentucky Downpour“, die letzte Ungewißheiten nicht wegzuwaschen vermag. „Ridin‘ and losin‘ track of when Fm comin‘ back. Or where Fm comin‘ from. Or if Fm on the run.“ Und „If I Should Fail“ – von Rick Danko in bester Fallen-Angel-Manier interpretiert – variiert schließlich noch einmal die klassische Figur des letzten Kombattanten, der in den Bergen und in Würde sein Schicksal erwartet Zur Not ist da ja auch noch ein schwerer Tropfen, der betäuben könnte vor dem letzten Gang. 3,5