The Blow Monkeys :: Staring At The Sea

Dr. Robert kann es noch: sensibler Pop und feine Arrangements

1986 galt Blue-Eyed Soul als Synonym für Britpop, und die Blow Monkeys feierten mit „Digging Your Scene“ ihren weltweit größten Hit. Ähnlich wie sein Buddy Paul Weller, dem er solo leider später auch in Sachen Dadrock nacheiferte, verknüpfte Sänger Dr. Robert politisches Bewusstsein mit eleganter Kleidung. Die Bewegung „Red Wedge“ versammelte damals die Crème de la Crème der UK-Musikszene, um den Labour-Vorsitzenden Neil Kinnock bei den britischen Unterhauswahlen 1987 zu unterstützen. Der Doc duettierte mit US-Soul-Legende Curtis Mayfield auf „(Celebrate) The Day After You“, aber Maggie Thatcher schaffte den Hattrick und setzte mit der Poll Tax noch einen drauf.

2008 waren die Blow Monkeys plötzlich wieder da. Ihr Comeback-Album „Devil’s Tavern“ ließen sie sich von ihren Fans finanzieren, doch mancher treue Gefährte bereute seine Investition. Nun schließt sich der Kreis, und alles wird gut, wie Nina Ruge sagen würde: Die weiblichen Backing-Vocals auf „Staring At The Sea“ klingen so, als wären all die Jahre nach „Animal Magic“ nicht gewesen, die feinen Geigenarrangements von Produzent Bob Rose symbolisieren die Kraft, mit Schmerz leben zu können, das Saxofon wird immer noch sensibler eingesetzt als bei Spandau Ballet.

Der Doc, der weder das George-Clooney-Gen in sich trägt noch die Anti-Age-Gesichtspflege in seinen Einkaufswagen lässt und auf aktuellen Fotos missmutig blinzelt, als würde ihn die andalusische Sonne blenden, singt besser denn je. Auch wenn die weltübergreifenden Refrains hier fehlen, so beschwört er doch so manches Mal eine Scott-Walker-ähnliche Atmosphäre herauf. Die 25 Jahre andauernde Liebe zu seiner Frau Michelle manifestiert er dagegen in „Seventh Day“ mit polterndem Council-Collective-Funk. Der Hinweis auf den neuen Wohnsitz, die Spanische Gitarre, fügt sich als zusätzliches Steinchen ins Mosaik.

An „Staring At The Sea“ ist nichts Verzweifeltes, Überambitioniertes, Aufdringliches. Die Blow Monkeys sind aufrechte Männer von Welt. Wer Rotwein mag, wird ihn sein Leben lang trinken. „So I’ll drink to you my friend/ For our friendship never ends …“ (F.O.D./Soulfood) Frank Lähnemann

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