The Bluetones – Science & Nature

Das vermaledeite dritte Album. Hybris oder Selbstbescheidung, „Be Here Now“ oder doch, „Revelations“? Die Bluetones optieren für eine Zwischenlösung, für Sowohlalsauch, für Supermarkt. Take your pick, kids. Bisher war das anders, Bluetones-LPs etablierten eine Ebene, ein Stil-Plateau, auf dem die oft formidablen Songs ihr Eigenleben entfalteten. „Expecting To Fly“ war Byrds zwischen Britpop und Merseybeat, „Return To The Last Chance Saloon “ transatlantischer Prärie-Pop mit Stone Roses-Aplomb und Led Zep-Elefantismus. Das Ganze war stets größer als die Summe der Einzelstücke.

Nicht so bei „Science & Nature „. Die elf Songs erscheinen wie isoliert, das Gefälle ist enorm. Was teilweise damit zu erklären ist, dass die Band unter Druck steht. Kommerziell, von Seiten der Plattenfirma, nachdem der alte Deal hinfällig geworden war. Und ideologisch, weil wie überall in Europa mittlerweile auch in England eifrige Sittenwächter auf jeden eindreschen, der sich nicht zweifelsfrei multikulturell geriert. Dabei hatte Mark Morriss lediglich konstatiert, was eh bleedin‘ obvious ist: Urbritische Traditionen und Tugenden geraten in Gefahr und alsbald in Vergessenheit, die englische Kultur ist auf dem Rückzug. Auch und gerade in London, wo es längst mehr Döner-Buden gibt als Warteschlangen an Bushaltestellen. Morriss, wie vor ihm schon Morrissey, wurde flugs an den Pranger gestellt, die Bluetones kamen in den Ruch des Bullterrier-Nationalismus, ohne je etwas verlautbart zu haben, das solche Hysterie rechtfertigen könnte. Wie auch immer, die Konsistenz von „Science & Nature“ dürfte nicht zuletzt auch deswegen gelitten haben.

Was freilich nicht erklärt, dass Morriss hier zwei mäßige Songs unterlaufen sind. Und ein dämlichen „Autophilia“ ist der Minnesang an eine Blechgeliebte, deren Vorzüge metaphorisch zu denen einer Tussi mutieren. „Come park your chassis next to mine“, lockt Mark. Peinlich. Die restlichen Cuts indes haben alte Bluetones-Klasse. „Tiger Lilly“ ist ein wonniger Westcoast-Shuffle mit herrlich herben Harmonies, das rustikale „Slack Jaw“ verströmt Lindisfarne-Flair, und „The Basement Song“ vermählt Hollies und lOcc.Adam Devlin spielt ökonomischer als im „Last Chance Saloon“, hält den inneren Jimmy Page meist unter Kontrolle. Ein paar Effekte klingen aufgesetzt, so der Stop-Go-Unfug in „Zorrro“ (auch Unfug: mit drei r!), doch agieren die Tones sonst wunderbar organisch. Feine LP. Ihre drittbeste.

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