The Civil Wars :: Eher Shania als Emmylou: Country-Folk ohne große Kanten

Als Joy Williams und John Paul White vor zwei Jahren ihr Debütalbum „Barton Hollow“ veröffentlichten, wurde das Duo von nicht wenigen als neue Country-und Folk-Hoffnung gefeiert. Sicherheitshalber brachte man in Besprechungen noch die Worte „Indie“ und „Alternative“ unter, um auch Musikkonsumenten anzulocken, die den Namen Will Oldham zumindest schon mal gehört haben. Der Zauber war dann schnell verflogen. Beim zweiten Album kann man sich vermeintliche Randspartenbegriffe gleich schenken. The Civil Wars stehen Shania Twain feat. Bryan White wesentlich näher als Gram Parsons und Emmylou Harris. Auch wenn die Oberfläche das nicht sofort vermuten lässt.

Ihren hübschen Gesang hat sich Williams von der grandiosen, leider zu wenig bekannten Grey DeLisle angeeignet, um deren stimmliche Chamäleonhaftigkeit sie jedoch vergebens kämpft. Zu verkrampft röhrt sie im bluesigen Stomper „I Had Me A Girl“, zu kläglich zerbricht sie im verzärtelten Sehnsuchtsstück „Same Old Same Old“. Und wo’s balladesk zugeht, müssen immer gleich ganze Gefühlsgebirge versetzt werden. „Dust To Dust“ zerkrümelt dagegen fast schon subtil über einem simplen Synthie-Beat. Sonst ist „The Civil Wars“ natürlich so würdevoll in Szene gesetzt, wie es sich für eine in Schönheit erstarrte Genre-Musik geziemt. Das Instrumentarium ist auf Tradition gestimmt, der Sound auf gestern gepimpt. Ein Song wurde gar von Rick Rubin produziert. Doch gepflegte Americana können The Civil Wars auch ohne die Weihen von Studio-Priestern aus dem Ärmel schütteln.(Sony) MAX GÖSCHE

Errol Bellot

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