The Classic :: Carly Simon reloaded: Joan Wasser orientiert sich neu

Wow. Wer schreibt sonst solche wunderbaren, knapp am Mainstream vorbeischrammendEn, klaviergetriebenen, dynamischen und vor Lebensfreude platzenden Songs? Seit ihrem letzten Album „The Deep Field“ und ihrer Abkehr von der spröden Ballade gibt Joan Wasser die Carly Simon unserer Tage. Mit „Witness“ schreitet sie souverän in dieser Richtung voran, „Holy City“ klingt dann vollends wie ein kalifornischer Klassiker der späten 70er-Jahre, ein kraftvoller Piano-Rocker, der sich am Ende in einem konzentrierten Instrumental auflöst. Wie viele ihrer Songs: „Good Together“ mündet in einen zweiminütigen Gitarrenwirbelsturm; „Stay“ beinhaltet sogar ein schweinöses Gitarrensolo. Es geht um Liebe und um Leidenschaft, darum „ready“ zu sein und bereit, das Leben zu umarmen.

Die kanadische Songwriterin versucht und riskiert viel auf ihrem vierten, live im Studio eingespielten Album. Manche Stücke überschreiten nicht nur die radiotauglichen Dreieinhalb-, sondern auch die Sechs-Minuten-Grenze, was ihnen nicht immer guttut. Der Titeltrack mit seiner Kreuzung aus Doo-Wop und Human Beatbox funktioniert als hübsche Fingerübung, der torkelnde Reggae-Track „Ask Me“ nicht. Es gibt düstere Durchhänger wie „New Year’s Day“ und allzu glatt gezogene Singalong-Songs wie „Shame“. Aber natürlich ist Wagemut schöner als ewige Selbstvergewisserung. „The Classic“ beginnt furios und weiß dann nicht so recht weiter. Doch dieser furiose Beginn lohnt das spätere Scheitern. (PIAS) SEBASTIAN ZABEL

Augustines

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