The Coctails – The Coctails

Wofür hält sich diese Band eigentlich? Sind die Coctails ein Lounge-Ensemble mit Neigung zum Rocken – oder sind es Fahrstuhlmusik-Produzenten, die zuweilen ihrem Hang zur Dekonstruktion nachgeben? Die Künstler selbst werden sich diese Frage wahrscheinlich gar nicht stellen weil: Hauptsache Musik. Seit Ende der 80er Jahre mieten sie sich für Sessions regelmäßig in akustikfreundliche Lofts ein, der mitgebrachte Instrumentepark ist immer riesig.

Auch auf ihrem fünften regulären Album, für das der Band-Name auch als Titel herhalten muß, ergänzen die Coctails die klassischen Rock-Gerätschaften wieder um Instrumente, die sonst eher im Jazz oder für Easy-Listening Verwendung finden. Vibraphon, Mellotron und Marimba tauchen ein weiteres Mal in den Credits auf. Die Song-Auswahl ist dementsprechend weit gefächert.

Soundscapes wie „Circles“, „City Sun“ oder „Starling“ erinnern an

Felt – wie die Engländer in ihrer frühen Phase sind auch die Herren aus Chicago daran interessiert, den Song mit Elementen der Mood-Music zu verhandeln, ohne ihn zur Klangtapete zu degradieren. Das reine Ornament ist auch für die Coctails ein Verbrechen.

Neben diesen kontemplativen Kompositionen befinden sich einige echte Hits im Programm. „Cadali“, wohltemperiert und warm tremoliert, ist eine feine Swing-Nummer; der schmerzlich gedehnte Country-Song „Hey“ könnte von Palace stammen; und ganz kurz vor Schluß geben die vier mit dem leicht überhitzten „Cast Stones“ ihrer Lust am konventionellen Rock nach, hintertreiben aber gleichzeitig mit der Anordnung des Stücks am Ende dessen dramaturgische Logik.

Die Frage, für was sich die Coctails halten, wird auch jetzt nicht klar. Die Antwort nimmt die Band mit ins Grab, denn vor kurzem hat sie sich aufgelöst. Das Album ist schon ein Vermächtnis.

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