The Complete Motown Singles 1959-71
Das gesamte Kompendium kostet eine halbe Abwrackprämie und braucht einen Umzugskarton – elf Büchlein mit je bis zu sechs CDs; 1959-61 sind zusammengefasst, für 1971 braucht es zwei üppige Volumen. In den USA war diese Singles-Sammlung bereits erschienen, weshalb der Jahrgang 1966 nicht nur ausverkauft ist, sondern mit etwa 1000 Dollar gehandelt wird. Dem Vernehmen nach – muss man vorsichtig sagen! -sind die einzelnen Jahrbücher auf 8000 Exemplare limitiert, was ja doch eine gewissen Besitzerstolz garantiert.
Von einem Füllhorn zu sprechen, wie man es ja in solchen Fällen gern tut, wäre drastisch untertrieben. Zwar fehlen mir so auratische Jahrgänge wie 1965 und 1966, doch anhand der Glorie der Supremes und Dutzender heute vergessener Künstler von 1964 lässt sich behaupten, dass hier eine Epoche geprägt wurde – nicht nur in Amerika. Das Motown-Imperium war zwar nicht Hort der Gegenkultur – umso mehr definierte es die Popkultur bis in die weißen Charts hinein. Anstelle von Argumenten setzten die fabelhaften Songschreiber und Produzenten der Schmiede unwiderstehliche Melodien und Arrangements, die nie wieder erreicht wurden. Sogar Stevie Wonder, Marvin Gaye und Smokey Robinson – die Genies des Hauses – erreichten nach den 70er Jahren nicht mehr die kreativen Fanale ihrer großen Zeit.
Dass die Edition mit dem üppigen Jahr 1971 abbricht, ist auch der Blaxploitation geschuldet, die schwarze Kultur zugleich radikalisierte und zum Mainstream machte. Motown war eine Integrationsmaschine; nun ließ sich das alte Studiosystem nicht mehr aufrecht erhalten. Die Film-Dokumentation „Standing In The Shadows Of Motown“ erzählt die halb bittere, halb heroische Geschichte der Session-Musiker, für die das Großartige nur schlecht honorierte Alltagsroutine war.
„The Complete Motown Singles“ ist die Schaukastensammlung für Schmetterlingsforscher der Soul Music.