The Coral – Nightfreak And The Sons Of Becker
Zwei nostalgietrunkene Platten lang spielten The Coral den guten alten Merseybeat im Original nach, ja überboten ihn noch: Der Akzent bleischwer, das Equipment um 1960 stehen geblieben, Harmonien wie bei Gerry & The Pacemakers und Melodien aus der Schmiede patinierter Pop-Songschreiber, die Melodram und Pomp stets zusammendachten. Ian Broudie, seit Ende der Achtziger der Liverpooler Produzent schlechthin, mischte Jingle-Jangle-Gitarren und Orgel-Aplomb im Orginalton. „Magic & Medicine “ gab es im letzten Jahr zu Recht als Doppel-Vinyl, selbstverständlich mit Gatefold-Cover und Band-Fotos, die an ernste Sixties-Sitzungen denken lassen.
Aber ach, dieser Schnellschuss (deshalb natürlich der Titel!) hat gar keine Magie, und erst der fünfte Song, „Sorrow Of The Song“, klingt wieder einigermaßen so unfroh, jungmännerhaft und britisch, wie es sich für The Coral gehört. Immerzu wechseln Stimmung und Tempo, „Venom Cable“ will funky sein und „Auntie’s Operation“ lustig wie Madness, „Why Does The Sun Come Up?“ ist ein sekundenkurzer Ulk, anderswo lärmt und fiept es. Sind The Farm zurück? Solche Bemühungen nerven. Songs von The Coral müssen verhangen sein, voll Trübsinn, Herzschmerz und Hoffnungslosigkeit. Die Melodien aber müssen glühen. „Nightfreak“ klingt so ausgebrannt wie Ian Broudies Lightning Seeds. Na, fast „Keep Me Company“ ist ein Schunkelschlager, der jeden Tanztee im Altenheim zum Rasen bringt. Von der Idee her. Und „Lovers Paradise“ könnte entzücken wie McCartneys „Honey Pie“ oder Ray Davies‘ „Waterloo Sunset“, wäre bloß ein richtiger Song daraus geworden. Einfach vergessen.