The Faint – Danse Macabre: Die schwermütige Seite der 80er Jahre, nur leicht modernisiert

Ein verträumter Blick zurück. Vor vielen, vielen Jahren, als wir mit Bierflaschen vor der Tanzschule standen, um Aufständisches in uns zu fühlen, waren The Cure dasGrößte, Robert Smith unser Guru. Diese Haare, diese faszinierende, durch Gesten und Musik ausgedrückte Theosophie. Für die Mädchen gab es natürlich noch Depeche Mode, wir aber mochten zumindest für kurze Zeit auch Nitzer Ebb. Deren Sänger, eine Art Leder-Rumpelstilzchen, kläffte kurze, aggressive Phrasen zu wuchtigen Klängen aus den Keyboards und stampfte auf der Bühne umher wie ein Berserker. Die Fachpresse sprach von „Electronic Body Music“, wir lebten und tanzten sie in seliger Unbeholfenheit. Bis zum nächsten Monat.

Jetzt sind es also The Faint, die uns dieses aus heutiger Sicht etwas rührende Lebensgefühl wieder in Erinnerung rufen. Doch zu Beginn gleich die ersten Zweifel: Verarscht uns da etwa schon wieder Damon Albarn mit einem weiteren Nebenprojekt? Marschiert nach der Affenhorde jetzt die Plastikarmee der Finsternis? Ein Blick in das Infoblatt verrät glücklicherweise schnell, dass der Sänger Todd Baechle heißt und lediglich die exakt selbe Stimme wie der Blur-Mann hat. Kein Nachteil, keine Verarsche.

Und weil die große Kunst einer Retrospektive darin besteht, den Gegenstand der Ausgrabungen nicht allzu sehr aus seinem originären Umfeld zu reißen, haben The Faint die schwermütige Seite der ansonsten bonbonbunten 80er Jahre auch nur zart modernisiert. Bedrohlich dräuende Synthesizer, dazu gelegentlich durch den Vocoder gepresster Gesang und niedliche Melodien wie aus der Casio-Wundertüte. Die frühen Human League in High-Speed getunkt, nicht ohne Punk-Attitüde indes und recht überschaubar, aber keineswegs billig gestrickt. Sogar einen kleinen Hit haben sie im Angebot: „The Conductor“ versprüht Kunstnebel, Fackellicht und Turmfrisuren, das depressive „The Bailad Of The Paralysed Citizen“ gefällt sich dagegen in fahler Trauer.

Was bleibt, ist eine kurzweilige, jedoch erfreulich angemessene Reminiszenz an einen alten Freund auf der Lebenskarte. Und wer trinkt denn heute schon noch Bier.

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