The Felice Brothers :: Favorite Waitress

Die New Yorker Brüder kehren zu ihrer Kernkompetenz zurück: dramatischer Americana ohne lästigen Schnickschnack.

Ist das jetzt ein Schritt zurück, den die Felice Brothers mit ihrem zehnten Album gehen? Zuletzt, also vor drei Jahren, hatten sie ihr Repertoire unerwartet um einige modische, wo nicht gar moderne Tricks und sogar in den Synthiepop hinein erweitert. Diesmal sehen sie von solchen offensiven Gewagtheiten weitgehend ab und konzentrieren sich wieder auf ihre scheppernde Kernkompetenz: entspannt fransige Americana im Geist von Dylans „Basement Tapes“ mit The Band. Aber man kann sicher darüber streiten, ob modischer Schnickschnack in ihren traditionsbewussten Gefilden Fortschritt bedeutet oder womöglich nur zur schleichenden U2isierung geführt hätte, wie sie die Kings Of Leon getroffen hat.

Übrigens haben die Felice Brothers nach „Celebration, Florida“ ja noch eins ihrer Zwischenalben eingespielt. Auf dem nur über ihre Website erhältlichen „God Bless You, Amigo“ bekannten sie sich 2012 wieder offensiv zum analogen Folk- und Countryrock mit einigen neuen Songs und zahlreichen Covers von Traditionals und Klassikern. Die Fans durften dabei den Preis oberhalb der Fünf-Dollar-Grenze selbst bestimmen, der Erlös floss einerseits in die Reparatur diverser Hurrikanschäden und, als eine Art Crowdfunding, in die Studiokosten für „Favorite Waitress“.

Nun eröffnet das Album gleich nachlässig schaukelnd mit „Bird On Broken Wings“, die akustische Gitarre wird schlicht angeschlagen, das Banjo plinkert, Akkordeon und Fiedel schleifen die Harmonien, und Ian Felice näselt dazu im bewährten Dylan-Anfang-der-Siebziger-Ton. Die Texte wirken wie stets eher undurchsichtig und beschweren sich mal über faule Kellnerinnen, leiden mal mit hässlichen Kids, erfreuen sich aber auch schon mal an tief liegenden Naturmetaphern, vom zerbrochenen Vogel zu Beginn über die Federtieridylle in „Meadow Of A Dream“ bis hin zu einem „Alien“ im Glaskäfig. Die melancholischen bis zynischen Bilder münden in den sehnsüchtigen, hymnischen, lärmig ausufernden Countrywalzer „Silver In The Shadow“, dann in den „Fluss aus Nichts“ am „letzten Tag der Welt“.

Die elektronischen Ideen des Vorgängers kann man selten als Tupfer, Verfremdungen oder vagen HipHop-Rhythmus von „Katie Cruel“ erahnen. Allerdings wirkt das Album bei aller Lo-Fi-Freude umsichtig arrangiert, überaus dicht, farbenfroh, dramatisch, bis zum energischen Uptempo-Höhepunkt aus Honkytonk-Klavier, Besenstielbass, Riesenfuzz, Streicher-kadenzen und Männerchor in „Woman Next Door“. Die Felice Brothers pflegen hier leidenschaftlich ihre Tradition. Aber sie versenken sich nicht in die Wurzeln, sondern blicken selbstbewusst ins Geäst.

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