The Finn Brothers – Everyone Is Here

Dass man das nicht falsch versteht: Auch wenn der Eindruck ein anderer ist, haben Neil und Tim Finn im Laufe ihres geschwisterlichen Lebens noch nicht viel Musik zusammen geschrieben. Split Enz – die Band, mit der vor vielen Jahren alles begann – war ganz das Werk des älteren Bruders Tim, Crowded House das von Junior Neu. Lediglidi auf dem Hitalbum“W6oafitee“ findet sich eine Handvoll Kollaborationen, und schon beim nächsten, grandios sperrigen Abschlussalbum „Together Alone“ ist Neil Finn wieder praktisch als einziger Komponist gelistet Bleibt also nur das 1994 erschienene, schlicht „Finn“ betitelte Album als Beleg fürs brüderliche Miteinander. Eine lose Sammlung von manchmal obskuren, meistens fabelhaften Songs war das, die vom Moment lebte und im schnellen Fluss entstanden war. Besonders Neil Finn hatte damals ein bisschen die Nase voll von den eigenen Schemata und wollte sich mal hierhin, mal dahin ausprobieren – eine Trotzphase, die auf dem ersten, ironisch „Try Whistling This“ betitelten Soloalbum ihren schönsten Ausdruck findet.

So gesehen ist „Everyone Is Here“ also das reguläre Debüt der Finn Brothers – und das Crowded House-Album, das sich viele nach „Woodface“ gewünscht hatten. Neil und Tim Finn setzen uneingeschränkt auf klares, direktes Songwriting zwischen beadeskem Pop, grenzenloser Melodieverliebtheit und pazifisch gewendeter Folklore. „Nothing Wrong With You“ bleibt schlicht akustisch bis zum inbrünstigen four-on-the-floor-Chorus. „Disembodied Voices“ schwebt über den Wassern, sehnend verklärt, wunderschön. Und „Won’t Give In“ stellt sich mit den hier programmatischen zweistimmigen Gesängen in eine Reihe mit „Weather With You“, „Four Seasons In One Day“ und um meinetwillen auch „Don’t Dream It’s Over“ zumal mit Mitchell Froom und Bob Gearmountain die alte Crowded House-Crew am Pult sitzt. Ganz dem Anlass entsprechend dreht sich viel auf „Everyone Is Here“ um liebgewonnene Menschen und gemeinsame Lebenswege, um jenen kleinen Existenzialismus des Alltags, der einen angesichts der Endlichkeit des Lebens täglich überkommt, und die Finn-Brüder intonieren solche Dinge mit einer ungewohnten, sehr berührenden Dringlichkeit Ein Familienalbum.

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