The Flaming Lips
Wayne Coyne und Freunde feiern sich selbst mit einem berauschten Fest der Geräusche
The Flaming Lips And Heady Fwends
Wie so oft bei den Flaming Lips kann man sich zunächst nicht ganz sicher sein. Neben einigen zuverlässigen Meisterwerken, voran „The Soft Bulletin“ von 1999, stellen einen die Ideen ihres Chefs Wayne Coyne ja immer wieder vor die Frage, ob man es bei ihm mit einem genialen Psychedeliker oder nur einem melodisch listigen LSD-Veteranen zu tun hat.
„Heady Fwends“ versammelt eine Reihe von Songs, die im Laufe des vergangenen Jahres mit verschiedenen Gastsängern aufgenommen wurden. Einige der berauschenden Freunde bewiesen ihr Zutun sogar mit Blutproben, die den ersten Vinylexemplaren beigelegt waren. Mit dabei sind junge Neo-Psychedeliker wie Neon Indian oder die australischen Tame Impala ebenso wie Nick Cave, Chris Martin und – warum nicht? – Yoko Ono. Ein schönes Projekt also, das man wohl weniger als 14. Studioalbum denn als Teil der Feierlichkeiten zum 30-jährigen Bestehen im nächsten Jahr begreifen sollte. Recht stimmig treten daher die poppigen Motive, die in der letzten Dekade den verzwirbelten, lauten Rock versüßten, gegenüber den uferlos experimentellen Seiten des Banduniversums zurück.
Etwas überraschend eröffnet Ke$ha das Album mit dem sehr lustigen, hart elektronischen Stampfer „2012“, der auf „1969“ von den Stooges beruht. Die Party-Hip-Popperin extrapoliert robotisch Iggy Pop: „I want my mind to be completely toast/ O my my, and boohoohoo.“ Von der großen stumpfen, mit Fuzz, Gongs und Chor verrauschten Rockseite her kommt „That Ain’t My Trip“, der Gastbeitrag von My Morning Jackets Jim James, den man wohl niemals in der Lautstärke wird hören können, die er konzeptuell fordert. Dafür gibt es mit Tame Impalas hübschem „Children Of The Moon“ den einzigen ungefähr traditionellen Song des Albums.
Dessen Höhepunkt steuert allerdings Erykah Badu bei. Ihre dröhnende Zeitlupenversion des Britfolk-Klassikers „The First Time Ever I Saw Your Face“ ist ein Wunderwerk freigeistigen Popsinnes. Satte zehn Minuten lang türmt sich gleichermaßen feinstäubende wie machtvolle Feedbackgischt über dem Song und stürzt großartig auf Badus hallbelegten, fern sehnsüchtigen Gesang herab – ein Werk, das den großen Feedbackkünstlern wie Christian Fennesz nähersteht als den meisten aktuellen Noisepop-Kindern. Darüber hinaus zeigen zwar viele Stücke deutliche Spuren von Coynes Erfolgsmix aus schwelgerischen Arrangements und tonnenschwerem Rock – aber sie werden meist leichterhand in einer Vielzahl prachtvoller Geräusche aufgelöst, quietschenden und heulenden SF-Blieps, Effekt-Pedalen und lärmender Brachialpercussion.
So lose, brüchig und albern das oft wirkt, überzeugt allein schon, wie gründlich man sich hier um keinerlei biografische Schlüssigkeit oder wenigstens minimale Verwertungslogiken schert. Coyne erweist sich wieder einmal als unsichere, multimentalistische Nummer. Aber Prunk und Pathos dieses halluzinogenen Furors sind schon sehr entzückend. (Bella Union/Cooperative)
Beste Songs: „That Ain’t My Trip“, „The First Time Ever I Saw Your Face“