The Gaslight Anthem :: Live In London
Vielleicht sind wir inzwischen ein bisschen verwöhnt, aber gerade The Gaslight Anthem, die schließlich Bruce Springsteen lieben, müssten es wissen: Eine Live-DVD sollte schon länger als eine Dreiviertelstunde dauern. Bonusmaterial? Auch Fehlanzeige. Also ist man auf die zehn Songs, die 2013 im Londoner Troxy Theatre aufgenommen wurden, zurückgeworfen. Mit der Hymne „American Slang“ beginnen die Amerikaner gleich gewaltig. Um ihre längst eher klassische und nur noch selten angepunkte Rockmusik angemessen zu präsentieren, verstärkt sich das Quartett live mit einem weiteren Gitarristen, auch hier steht die E Street Band Pate. Brian Fallons Songs sind freilich nicht ganz so grandios, aber auf der Bühne ist er eindeutig der Boss: Er versteht viel von Dynamik, spielt schön mit dem Publikum und berührt gerade in leiseren Momenten („She Loves You“). Davon hätte man gern noch mehr gesehen.
(Universal) BIRGIT FUSS
Muse Live At Rome Olympic Stadium
Dass Muse schon immer auf die ganz großen Hallen und Stadien abgezielt haben, zeichnete sich bereits 1999 bei ihrem Debüt „Showbiz“ ab. Acht erfolgreiche Jahre später verkauften sie als erste Band das neue Wembley-Stadion aus, und noch ein wenig später gingen sie mit dem Inbegriff der Stadionband, U2, auf Tour. Kein Wunder also, dass sie für ihr drittes Live-Album, das CD/DVD-Paket „Live At Rome Olympic Stadium“, einiges bei ihren irischen Kollegen abschauen. Denn neben den charakteristischen Oh-Oh-Ohs bei „Follow Me“ und wahnwitzigen Lichteffekten nehmen Muse auch politisch Stellung -mit zwei engagierten Schauspielern, die Banker mimen, und billig animierten Politikern auf der Leinwand. Im Vordergrund bleibt trotzdem die Rockoper von Muse, die bildgewaltig und in hochwertiger Soundqualität festgehalten wird. Technisch perfekt umgesetzt, konzeptionell doch eher flach. (Warner)
Die zehnte Regel der „Rules Of Fire“ lautet: „Never try to please“. So richtig befolgt Sophie Hunger das aber selbst nicht: Sie hält ihr Jahr 2013 auf körnigem Filmmaterial und 90 Minuten Live-Audiomitschnitten fest und verpackt alles in einen schicken Bildband. Dass der nicht nur bei Fans im Bücherregal landen wird, ist der hochwertigen Produktion geschuldet. Ein Jahr lang hat der französische Regisseur Jeremiah die Schweizerin und ihre erstklassige Band auf Tour begleitet und sie bei Backstage-Blödeleien und ausverkauften Konzerten gefilmt. Sophie zeigt sich dabei von ihrer pathetischen Seite (siehe jede Regel der „Rules Of Fire“) und als quirlige Weltenbummlerin, die gern Luftschläge an ihre Bandmitglieder verteilt. Das macht den 60-Minuten-Film abwechslungsreich. Einzig der verkrampfte Versuch, Sophie als Künstlerin zu stilisieren, der das Geschäftliche egal ist, geriet zu offensichtlich und kommt den Bildern in die Quere. (Two Gentlemen) BENJAMIN AGOSTINI
Sie nannten sich so, weil sie alle an Dave Edmunds‘ Solo-Debüt „Rockpile“ von 1972 beteiligt waren: Bassist Nick Lowe, bekannt durch Brinsley Schwarz und seine frühen Solo-Arbeiten, Gitarrist Billy Bremner, fast berühmt mit Man, Trommler Terry Williams, der später mit Dire Straits spielte, schließlich Edmunds an der Gitarre, der auch die meisten Songs sang. Noch vor dem einzigen Rockpile-Album traten sie im Januar 1980 vor dem sitzenden, aber beharrlichen Publikum in der Hamburger Markthalle auf. Das britische Quartett war das musikalische Äquivalent zu den Topfschnitten der Musiker: Es gibt nur wenige der tollen Songs von Lowe zu hören („So It Goes“!), aber ein rustikales Potpourri mit Stücken von Chuck Berry, Don Covay, Mickey Jupp, Elvis Costello und Graham Parker, deren stilistische Einheitlichkeit nur von zünftigen Gitarren-Soli unterbrochen wird. Die New Wave war es nicht. Schöne Edition mit dem gesamten Programm auch auf CD und Liner Notes. (Repertoire)